Insolvenzschäden outsourcen – Geht das?

Ja, das geht. Das Outsourcing von Risiken und den daraus ggfs. entstehenden Schäden nennt sich seit jeher „Versicherung“. Wir kaufen uns Sicherheit und übertragen unser Risiko (zumindest teilweise) gegen Zahlung einer Versicherungsprämie an den Versicherer.

Also, auch gegen Forderungsausfälle kann man sich versichern. Kreditversicherungen bieten einen Schutz vor dem Totalausfall offener Forderungen. Die Versicherungen bieten insbesondere Schutz bei Zahlungsunfähigkeit des Rechnungsempfängers. Solche Versicherungen werden z.B. angeboten von AllianzTrade, Atradius, Coface, R&V und Zurich Versicherung (in alphabetischer Reihenfolge). Neben diesen Full Service Kreditversicherern gibt es spezialisierte Kreditversicherer und die sogenannten Export Credit Agencies (ECA). Nicht nur die Zahl der Anbieter, sondern auch die Anzahl der verschiedenen Versicherungsprodukte ist durchaus vielfältig. Hier die richtige, nämlich für das eigene Unternehmen und die eigene Kundenstruktur passende, Versicherung zu finden, ist nicht einfach. Aber darauf kommen wir später noch einmal zurück.

Was genau bietet eine Kreditversicherung?

Während wahrscheinlich die weit überwiegende Zahl der Versicherungskunden eine Kreditversicherung zu dem Zweck abschließen, dass die Versicherung im Schadensfall den entstandenen Schaden kompensiert, sehen die Versicherungen ihr Angebot mit anderen Augen. Aus der eigenen Sicht bieten sie Schadensverhütung, Schadensminderung und Schadensvergütung. Wie das?

  1. Schadensverhütung entsteht dadurch, dass Versicherungssummen für Kunden entweder einzeln bei der Versicherung angefragt werden müssen oder aber durch den Versicherungsnehmer nach festgelegtem Verfahren und Ergebnis einer Bonitätsprüfung bis zu einer definierten Betragsgrenze selbst eingeräumt werden dürfen. Durch diese (professionelle) Bonitätsprüfung und „Zeichnung“ (so nennen die Versicherer das Zurverfügungstellen) einer Versicherungssumme wird der Lieferant oder Dienstleister vor potenziellen Schäden bewahrt (zumindest dann, wenn er sich genau an die eingeräumten Kreditgrenzen hält). Sie entsteht weiterhin dadurch, dass der Versicherungsunternehmer in regelmäßigen Abständen prüfen und der Versicherung ggf. melden muss, welche seiner Kunden die vereinbarten Zahlungsziele signifikant überschritten haben.
  2. Schadensminderung wird durch Regeln und Vorgaben des Versicherers erreicht. Sogenannte Obliegenheiten (vertragliche Pflichten) definieren, welche Maßnahmen der Versicherungsnehmer  ergreifen muss, wenn die Außenstandsdauer einen definierten Zeitrahmen übersteigt. Man wird also quasi vertraglich „gezwungen“ aktiv zu werden und darf nicht „die Hände in den Schoß legen“. Dadurch sollen Schuldner dazu gebracht werden, die offenen Forderungen auszugleichen (bevor der Schuldner in die Insolvenz geht). Je mehr Forderungen dadurch eingebracht werden können, umso geringer wird der Schaden, sollte der Kunde insolvent werden.
  3. Schadensvergütung stellt den Ausgleich durch den Versicherer im Schadensfall darf. Wann ein Schadensfall eintritt oder vorliegt, wird im Versicherungsvertrag genau definiert. Neben der Insolvenz kann vertraglich beispielsweise auch „protracted default“ als Schadeneintritt vereinbart werden. Der Eintritt des Versicherungsfalls ist bereits die Nichtzahlung der versicherten Forderung innerhalb einer vereinbarten Wartefrist, die i.d.R. nach Fälligkeit der versicherten Forderung. Ein objektiver Nachweis der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners ist dafür nicht erforderlich.

Und was kostet eine Kreditversicherung?

Diese Frage pauschal zu beantworten, dass wäre nicht seriös. Die Full Service Kreditversicherer bieten für eine erste Prämienschätzung Online-Tools auf ihren Webseiten, die interessierten Unternehmen die Möglichkeit geben, ein erstes Gefühl für die entstehenden Kosten zu gewinnen. Die wahrscheinlich zu zahlende Versicherungsprämie  ist dabei in der Regel von mehreren Faktoren abhängig: a) dem zu versichernden/der versicherbare Umsatz, b) die Branche des Versicherungsnehmers, c) der durchschnittliche Zahlungsverzug der Kunden, d) ggf. die Absicherung des Fabrikationsrisikos, e) die (zusätzliche) Absicherung außergerichtlicher Inkassokosten und f) die maximale Höhe der jährlichen Entschädigungsleistung. Ein willkürlich gewähltes Beispiel [a) versicherbarer Umsatz: 500.000€, b) Hersteller von Werkzeugmaschinen, c) 2 Tage Verzug, d) keine Absicherung Fabrikationsrisiko, e) keine Absicherung außergerichtlicher Inkassokosten und f) maximaler Entschädigungsbetrag p.a. die 60fache Jahresnettoprämie] ergab eine monatliche Nettoprämie von 125€ (1.500€ netto p.a.) und eine Höchstentschädigung von 90.000€. Wir raten jedem Unternehmen, dass sich dafür interessiert, sich ein konkretes Angebot, das exakt seine spezifischen Bedingungen widerspiegelt, unterbreiten zu lassen. Nur dann können die Kosten verlässlich eingeschätzt werden.

Löst denn die Kreditversicherung alle Probleme im Zusammenhang mit potenziellen Forderungsausfällen?

Schön wäre es, aber mitnichten! Leider ist auch eine Kreditversicherung kein „rundum-sorglos-Paket“. Das liegt vor allem an folgenden Sachverhalten:

  • Nicht jeder Kunden ist versicherbar

Die Kreditversicherung prüft die Bonität des zu versichernden Kunden (oder macht genau Vorgaben bei Eigenprüfung des Versicherungskunden). Ist die Bonität nicht ausreichend, wird die gewünschte Versicherungssumme entweder nur teilweise übernommen oder der Kunde wird bei schlechter Bonität auch überhaupt nicht versichert. In der Konsequenz bedeutet das (leider), dass gerade die Kunden, bei denen eine Versicherung am nötigsten wäre, ggf. gar nicht versichert werden.

  • Die Versicherungszusage kann jederzeit einseitig durch den Versicherer reduziert werden

Verschlechtert sich die Bonität oder das Zahlungsverhalten eines versicherten Kunden deutlich, wird der Versicherer die Versicherungssumme für diesen Kunden reduzieren oder gar ganz streichen. Das gilt dann zwar nur für zukünftige Geschäfte, es bedeutet aber, dass künftige Belieferungen nur noch in einem reduzierten Rahmen (Umsatzeinbußen) oder dann teilweise oder gänzlich auf eigenes Risiko erfolgen können. Mit einer Versicherungszusage ist also nicht in jedem Fall mittel- bzw. langfristig planbar.

  • Bei schwieriger werdenden Markt- und Rahmenbedingungen wird der Versicherungsschutz eingeschränkt

Versicherungsunternehmen reduzieren die Versicherungssummen über ganze Kundengruppen (regionale Märkte, Länder, Branchen etc.), wenn sich die konjunkturellen Marktdaten deutlich verschlechtern. In solchen Fällen kommt es zu prozentualen Verringerungen der Versicherungssummen bei allen versicherten Kunden, die zu der entsprechenden Kundengruppe gehören. Diese Reduktion ist dann völlig unabhängig von der Bonität des einzelnen Kunden. Das bedeutet, dass der Versicherungsschutz in Summe kleiner wird, wenn das Ausfallrisiko steigt.

  • Es erfolgt keine hundertprozentige Schadensregulierung

Die klassische Kreditversicherung ersetzt nicht den vollständigen Schaden im Falle einer Kundeninsolvenz. Das liegt daran, dass z.B. vertraglich vereinbart wird, dass der Versicherungsnehmer in jedem einzelnen Schadensfall einen Selbstbehalt übernehmen muss. Die Höhe des Selbstbehalts ist zwar verhandelbar, sie hat aber auch Auswirkungen auf die Höhe der Versicherungsprämie. (Wir kennen das z.B. von der Teil- oder Vollkaskoversicherung im Kfz-Bereich.) Je geringer der Selbstbehalt ist, umso teurer wird tendenziell die Versicherung.

Nun könnten Sie sich die provokante Frage stellen, ob es unter diesen Bedingungen überhaupt sinnvoll ist, eine Versicherung abzuschließen. Die eindeutige Antwort auf diese Frage lautet: „Das kommt darauf an.“ Je vielfältiger, kleinteiliger und gestreuter Ihre Kundenstruktur und Ihre Märkte sind, umso geringer ist für Sie das existenzielle Risiko von Forderungsausfällen. Wenn Sie dann noch ein professionelles und zuverlässiges Credit Management besitzen, dann können Sie tendenziell darüber nachdenken, auf ein Outsourcing des Ausfallrisikos zu verzichten.

Falls Sie allerdings eine geringe Kundenanzahl mit hohen Forderungsbeständen in volatilen Märkten aufweisen, ist das Risiko, dass Forderungsausfälle zur Bedrohung der eigenen Existenz führen können, hoch. Wenn Ihr Credit- und Forderungsmanagement dann noch deutlich verbesserungsfähig ist oder wenn Ihnen personelle Ressourcen dort fehlen, kann und wird eine Kreditversicherung einen Großteil des Risikos reduzieren helfen.

Und eine weitere gute Nachricht sollte Sie ermuntern, sich intensiver mit dem Abschluss einer Versicherung gegen Ausfallschäden zu befassen. Mittlerweile gibt es zahlreiche, unterschiedliche Versicherungslösungen, die einen Teil der o.g. Nachteile bzw. Einschränkungen kompensieren. An dieser Stelle kann beispielsweise die Excess-of-Loss-Versicherung (XL-, bzw. XoL-Versicherung) genannt werden.

Wie finden Sie die für Sie passende Versicherung?

Natürlich können Sie eine intensive Recherche im Internet vornehmen und dort die Webseiten durcharbeiten. Nach einer Vorauswahl nehmen Sie dann mit einer Handvoll Versicherungen Kontakt auf und vereinbaren Gesprächstermine. Zwei oder drei Ihrer Gesprächspartner bitten Sie dann anschließend, Ihnen ein Angebot zu unterbreiten. Von den eingehenden Angeboten wählen Sie dann anhand eines vorher festgelegten Kriterienkatalogs das Angebot aus, das diese Kriterien am besten erfüllt.

Wenn Sie so vorgehen, werden Sie im Ergebnis eine Versicherung haben. Sie haben aber keinesfalls die Gewähr, dass Sie in möglichst kurzer Zeit, die für Sie am besten passende Versicherung ausgewählt haben werden. Woran liegt das?

Wie schon eingangs geschrieben, ist das Marktangebot vielfältig und komplex. Hinzu kommt, dass Regelungen und Sprache der Versicherungsbranche sehr spezifisch und auch sehr juristisch sind. Wer weder im Bereich von Versicherungen noch in der Juristerei ausgebildet und erfahren ist, wird sich sehr schwer tun, die Angebote und deren Tragweite tatsächlich korrekt zu bewerten. Angebote und anschließende Verträge erstrecken sich in der Regel über viele DIN A4-Seiten. Das Lesen und Verstehen erfordern sehr viel Zeit und Energie.

Aber auch dafür gibt es eine sehr, sehr gute Lösung. Es gibt Spezialmakler, die sich auf Themen wie Kreditversicherung, Bürgschaften, Kautionsversicherung, Factoring etc. spezialisiert haben. Diese Makler kennen den Markt und die angebotenen Produkte. Die Spezialmakler sind in besonderem Maße bemüht, die für Sie am besten geeignete Lösung, die Sie vollständig überzeugt, zu finden. Dieses Engagement und diese Kundenorientierung resultieren u.a. daraus, dass dieser Makler lediglich im Erfolgsfall vergütet wird; und zwar vom Versicherer. Die Dienstleistung eines Maklers für Kreditversicherungen ist für Sie also kostenlos. Und das Schöne daran ist, Sie müssen ihm lediglich das Mandat für die Kreditversicherung erteilen. Mit allen anderen Versicherungen (Haftpflicht, Betriebsunterbrechung, etc.) können Sie weiterhin mit dem ggf. bereits vorhandenen Makler zusammenarbeiten.

Schutz vor Kundeninsolvenz: Ist das möglich, ist das nötig oder kann das weg?

Vor etwa einem Monat hat der KSV 1870 eine Hochrechnung veröffentlicht, nach der in den ersten drei Quartalen 2024 in Österreich 4.895 (+ 24,6 % gegenüber 2023) Unternehmen insolvent wurden. Auch die Zahl der Großinsolvenzen und die Höhe der Passiva* sind im betrachteten Zeitraum signifikant gestiegen.

Diese Zahlen verdeutlichen, dass nicht nur die Wahrscheinlichkeit einer Kundeninsolvenz deutlich zugenommen hat, sondern auch die Höhe des potenziellen Schadens. Für immer mehr Unternehmen, für Lieferanten und Dienstleister, stellt sich daher die Frage, wie sie sich vor der Insolvenz der Kunden und den damit einhergehenden Schäden schützen können.

100 Prozent Sicherheit: Das ist weder realistisch noch erstrebenswert

Es ist zwar die Aufgabe der verantwortlichen Leitungsgremien, ihr Unternehmen vor Risiken zu schützen und Schäden zu vermeiden, es ist aber nicht vollständig zu verhindern, dass ein Kunde im Verlauf einer Geschäftsbeziehung in die Insolvenz schlittert. Zwar können regelmäßig Bonitätseinschätzungen vorgenommen werden, die sich neben extern eingekauften Bonitätsauskünften von Experten auch auf interne Einschätzungen und Bewertungen stützen. In der Regel sind Insolvenzprognosen aber nicht mit hundertprozentiger Sicherheit zu treffen. Selbst erstklassige, beste Ratingeinstufungen unterstellen eine (wenn auch sehr geringe, aber doch existierende) Ausfallwahrscheinlichkeit.

Was jede bzw. jeder Credit Manager:in jedoch verhindern kann und verhindern muss, ist die Belieferung oder die Erbringung von Dienstleistungen auf Zahlungsziel, für Kunden, die sich bereits in der Insolvenz befinden oder öffentlich bekannt bzw. leicht erkennbar nur kurz davor stehen. Es ist die Aufgabe der Credit Manager:innen, Lieferantenkredite nur dort und nur in der Höhe zu gewähren, wo die entsprechende Kreditwürdigkeit des Kunden geprüft und in hohem Maße wahrscheinlich ist.

Wenn eine Kundeninsolvenz schon nicht zu verhindern ist, ist es dann wenigstens möglich zu verhindern, dass auf Gläubigerseite ein Schaden entsteht? Im Prinzip ja, aber …

Natürlich könnten Sie als Lieferant oder Dienstleister versuchen, für jede Lieferung, die Sie tätigen oder Leistung, die Sie erbringen eine Sicherheit zu beschaffen bzw. sich eine Sicherheit stellen zu lassen. Die Möglichkeiten dafür sind sehr vielfältig: Bürgschaften, Forderungsabtretungen, Sicherungsübereignungen, Versicherungen usw.

Aber: Sicherheiten zu beschaffen kostet Zeit und sehr häufig auch Geld. Da wir im Credit Management nicht nur effektiv, sondern auch effizient und wirtschaftlich handeln müssen, müssen Zeit- und Geldeinsatz in einer angemessenen Relation zu dem bestehenden Risiko bzw. zum Nutzen der Risikovermeidung stehen. Konkret bedeutet das, dass wir bei Bagatell- und Kleinaufträgen keinen Absicherungsaufwand betreiben dürfen, der die mit den Aufträgen verbundenen Margen wieder „auffrisst“. Jedes Unternehmen ist daher gut beraten, für sich eine Kredithöhe zu definieren, die Kunden (gerne in Relation zu deren Bonität) eingeräumt wird, ohne Sicherheiten dafür zu verlangen. Wie hoch diese „sicherheitenfreie Kreditlinie“ gewählt wird, hängen vom jeweiligen Geschäft und dessen Besonderheiten einerseits und der Risiko- bzw. Sicherheitsneigung der Verantwortlichen andererseits ab. Es ist weniger wichtig, auf welche konkrete Kredithöhe sich im Unternehmen dabei verständigt wird, viel wichtiger ist es, diese Diskussion zu führen, zu dieser Frage eine interne Transparenz herzustellen und eine Entscheidung zu treffen, die im operativen Alltag möglichst wenig Aufwand bei Kleinst- und Kleinaufträgen erzeugt.

Und was können wir jenseits unserer „Schmerzgrenze“ tun?

Wenn der potenzielle Schaden im Insolvenzfall eine Höhe erreicht, wo die ausfallenden Forderungen den Bereich des Ärgerlichen übersteigen und mehr als nur „Schmerzen“ verursachen, ist es unserer Meinung nach nötig, Maßnahmen zur Absicherung gegen die Schäden von Forderungsausfällen zu ergreifen. Insbesondere dann, wenn die mögliche Insolvenz eines Kunden, zur Existenzgefährdung des eigenen Unternehmens führen kann. Folgeinsolvenzen, also die Insolvenz eines Gläubigers, weil die Forderungen gegen den Schuldner aufgrund dessen Insolvenz ausgefallen sind, ereignen sich nämlich gar nicht so selten.

Das Risiko der Existenzgefährdung besteht immer dann, wenn die Forderungsstruktur des Gläubigers „kopflastig“ ist. Wenn einzelne oder wenige Kunden einen überproportional sehr hohen Anteil am Forderungsbestand aufweisen, ist Vorsicht geboten. Die Insolvenz eines solchen Kunden kann dann sehr schnell auch zur Zahlungsunfähigkeit des Gläubigers und damit zu dessen Insolvenz führen.

Die gute Nachricht dabei ist: Ein wirksamer Schutz gegen Ausfallschäden ist nicht nur nötig, sondern auch möglich.

Ob und in welcher Weise Sie sich gegen Forderungsausfallschäden versichern können, werden wir in Kürze in der Fortsetzung dieses Beitrags erläutern.