Take a closer look oder: Gefahr erkannt, Gefahr gebannt!

Nach Angaben des KSV1870 Analyse mussten im Jahr 2024 in Österreich 6.587 Unternehmen Insolvenz anmelden. Davon betroffen sind 50.300 Gläubiger (+ 10 %) und 29.600 Arbeitnehmer (+ 25 %). Für das Jahr 2025 rechnet der KSV1870 mit 6.500 bis 7.000 Unternehmensinsolvenzen.

Laut jüngster Analyse des KSV 1870  mussten im ersten Quartal 2025 in Österreich aber bereits 1.795 Unternehmen (+ 6,3 %) Insolvenz anmelden. Linear hochgerechnet ergäbe das im Gesamtjahr rund 7.200 Unternehmensinsolvenzen.

Die Aussichten auf Wirtschaftswachstum sind marginal (0,2%), die Inflation liegt noch über 2%, eine weitere Zunahme der Arbeitslosenzahlen ist zu verzeichnen und das Wirtschaftsklima wird weiterhin unter dem langfristigen Durchschnittsindex gemessen.

Insgesamt also schwierige Rahmenbedingungen für das Credit- und Forderungsmanagement der Unternehmen. Wie sollen sich Creditmanager:innen in dieser Lage verhalten? Was ist das Gebot der Stunde?

Angesichts steigender Insolvenzen und Forderungsausfälle ist ein gutes Kreditrisikomanagement für Unternehmen entscheidend, teilweise überlebenswichtig.

Implementierung von Systemen zur Früherkennung bestandsgefährdender Entwicklungen.

Je schwieriger die Rahmenbedingungen werden und je größer das Risiko wird (heuer in doppelter Hinsicht: Ersten mehr Insolvenz und zweitens eine steigende Anzahl Großinsolvenzen.), umso früher sollten diese Risiken erkannt werden, damit den Lieferanten und Dienstleistern noch genügend und noch wirksame Handlungsoptionen bleiben.

Die Nutzung von Frühwarnsignalen und prädiktiven Folgerungen wird essenziell, um Risiken vorherzusehen. Je früher Sie diese erkennen, umso eher können Sie potenzielle Schäden vermeiden. Dazu ist es ratsam, kontinuierlichen Analyse von Unternehmensstruktur, Finanzierung, Einkauf und Zahlungsverhalten der wesentlichen Kunden durchzuführen. Allerdings ist es ratsam, dieses systematische Monitoring auf Kunden mit hohen potenziellen Insolvenzschäden zu begrenzen. Je genauer Sie hinschauen, umso eher entdecken Sie Risikosignale und eigene Gefährdungen.

Absicherung von Forderungsrisiken:

Nicht jedes Ausfallrisiko kann oder sollte in Kauf genommen werden. Mindestens die Forderungsausfälle, die bei Eintritt die Existenz des eigenen Unternehmens gefährden können, sollten abgesichert werden. Die Möglichkeiten der Absicherung sind zahlreich. Von der Warenkreditversicherung, über Excess of Loss Versicherung, Top Up-Versicherung, Bürgschaften, Patronatserklärungen, Bürgschaftsversicherung, Forderungsabtretung, Sicherungsübereignung bis hin zu Factoring reicht das Repertoire an Möglichkeiten. Aber auch flexibel einzusetzende und kostengünstige Lösungen wie Vorauskasse, Anzahlungen oder verkürzte Zahlungsziele tragen dazu bei, das Schadensrisiko zu reduzieren.

Häufig reicht es jedoch nicht aus, „auf eine Karte zu setzen“. Um das Risiko bei einem einzelnen Kunden oder bei einem besonderen Geschäft wirksam zu begrenzen, ist es oft erforderlich, mehrere Optionen zu kombinieren und zu nutzen. Hier ist die Kreativität und der Gestaltungswille der Creditmanager*innen gefragt.

Verbesserung der Liquidität:

Ein wirksamer Schutz gegen die wirtschaftlich gravierenden Folgen von Kundeninsolvenzen und Forderungsausfällen ist eine möglichst gute eigene Liquiditätsausstattung. Je besser Ihre Liquiditätssituation ist, umso geringer ist das Risiko, durch Forderungsausfälle selbst in Zahlungsschwierigkeiten zu kommen. Die eigene Liquidität kann Forderungsausfälle zwar nicht verhindern, aber sie sorgt dafür, dass die Existenz des eigenen Unternehmens nicht (so schnell) in Gefahr gerät.

Das Forderungsmanagement mit den wichtigen Gestaltungsfeldern Zahlungskonditionen, Mahnwesen und Inkasso leistet einen wesentlichen Beitrag zur Liquidität des Unternehmens. Hier gilt es -besonders in wirtschaftlich schwierigen Zeiten- das bestehende System zu hinterfragen und die Effizienz und die Effektivität zu erhöhen.

Falls die eigenen Ressourcen nicht ausreichen, um ein professionelles Forderungsmanagement dauerhaft zu gewährleisten, lohnt sich der Blick in den Markt der dort angebotenen Dienstleistungen. Es existiert ein vielfältiges und kostengünstiges Angebot. Häufig aus Whitelabel-Angebot konzipiert, so dass Sie mit Ihrer Corporate Identity und Ihrem Corporate Design weiterhin bei Ihren Kunden in Erscheinung treten. Das Angebot reicht von „einfachen“ Versanddienstleistungen bis hin zur vollständigen Übernahme des kompletten Debitorenmanagements. Es lohnt sich, unter gegebenen Bedingungen, eine Make or Buy-Analyse durchzuführen. In jedem Fall ist es ratsam Forderungsmanagementdienstleistungen einzukaufen, wenn sie ansonsten vollständig unterbleiben müssten.

Nutzung moderner Technologie:

In risikobehaftenden Zeiten ist es besonders ratsam, so viele und so gute Hilfsmittel einzusetzen wie möglich. Daher sollten Sie die Verwendung von Credit-Management-Plattformen zur Zentralisierung, Steuerung und Automatisierung von Prozessen zur Minimierung des Forderungsrisikos in Erwägung ziehen.

Durch den Einsatz moderner IT-Applikationen des Credit- und Forderungsmanagements können Sie nicht nur Ihr Personal erheblich entlasten, Sie können auch die Effektivität und Validität Ihres Credit- und Forderungsmanagements erheblich steigern.

In vielen Unternehmen gilt es jedoch, bestehende Narrative zu überwinden. IT-Projekte sind mittlerweile nicht mehr zwangsläufig „Mammut-Projekte“, die jede Menge Zeit, Geld und Nerven kosten. Durch Cloud-Computing und die SaaS-Technologie (Software as a Service) werden die erforderlichen Investitionen massiv verringert und der eigene und sowie der externe IT-Einführungsaufwand erheblich reduziert. Schon nach wenigen Projektwochen können Sie Ihr Credit- und Forderungsmanagement auf ein höheres Level heben.

Und Ausreden gelten nicht: Gerade dann, wenn „die Hütte brennt“, werden die allerbesten Hilfsmittel benötigt.

Also: Nicht die Hände in den Schoß legen, Probleme verschwinden nicht von selbst. Unternehmer, die tun was!

Sparen ist das Gebot der Stunde oder Boomfaktor Optimismus?

Der KSV 1870 titelt in seinem aktuellen Newsletter: „Sparen als Gebot der Stunde“. 80 Prozent der Unternehmen in Österreich begegnen den jüngsten Herausforderungen mit Sparmaßnahmen mit „umfassenden“ Sparmaßnahmen. Der KSV 1870 schreibt u.a.: „Betriebe stehen auf der Bremse“, „Investitionsbereitschaft bleibt konstant niedrig“ und „Kreditaufnahmen auf Vorjahresniveau“.

Gerhard Wagner, Geschäftsführer der KSV1870 Information GmbH, vertritt den Standpunkt: „Strategische Weitsprünge auf Ebene der Investitionen sind damit eine Seltenheit geworden, doch das kann kein Modell auf Jahre sein.“ Denn von den verbleibenden Investitionen werden lediglich 38 Prozent in Innovationen und Weiterentwicklungen. Der überwiegende Teil, nämlich 42 Prozent werden nach seiner Aussage auf die Aufrechterhaltung der Betriebe verwendet. Und nur 16 Prozent auf Einzahlungen in das „Humankapital“. Die verbliebenen Investitionen werden in erster Linie aus dem Eigenkapital und dem Cashflow finanziert. Und damit sind wir spätestens jetzt im Credit- und Forderungsmanagement angekommen.

Im Credit- und Forderungsmanagement sind noch immer viele Prozesse, Teilprozesse und Prozessschritte im „Order to Cash-Prozess“ nicht digital unterstützt oder automatisiert. Die Prozesse sind komplex, zeitaufwendig, teuer und fehleranfällig. Sie können damit ohne Übertreibung als „Liquiditätskiller“ bezeichnet werden. Hinzu kommt, dass sie für die betroffenen Mitarbeiter häufig mit monotonen manuellen Arbeiten und viel Frust und Ärger in der Kommunikation mit säumigen Zahlern und internen Stellen verbunden sind.

Warum verwenden wir nicht ein wenig Kapital, um auch einmal im Credit- und Forderungsmanagement innovativ zu sein? Bereits mit einem sehr überschaubaren Mitteleinsatz können leistungsfähige Softwareapplikationen eingeführt und Mitarbeiter weitergebildet werden. Dazu sind bei der richtigen Softwareauswahl und der  richtigen Vorgehensweise keine „Monster-IT-Projekte“ erforderlich. Software as a Service und Cloudanwendungen ermöglichen eine schnell verfügbare, kostengünstige und leistungsfähige Unterstützung im Credit- und Forderungsmanagement.

Durch den Einsatz leistungsfähiger IT im Credit- und Forderungsmanagement werden die laufenden Kosten reduziert (Sparen ist das Gebot der Stunde), Abläufe beschleunigt, Liquidität erhöht, Kundenkommunikation und interne Kommunikation verbessert sowie Arbeitsplätze zeitgemäß und attraktiv gestaltet.

Andre Everts, Tiemeyer Gruppe (Geschäftsführer Süd) wurde bei der Softwareauswahl beispielsweise durch einen Business-Case überzeugt und begeistert, der sich innerhalb eines Jahres selbst deckt.

Sparen und investieren sind kein zwingender Gegensatz. Investitionen in Innovationen, die sowohl die Leistung verbessern als auch Kosten senken vereinen beides. Insbesondere dann, wenn sich die Investitionen in kürzester Zeit amortisieren.

Wir sollten daher ein wenig mehr Optimus wagen. Denn „Wirtschaft ist zu 50 Prozent Psychologie“[1]. Gerade im Credit- und Forderungsmanagement geht es in Zeiten schwieriger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen nicht ohne einen Schuss gesunden Optimus. Würden wir bei jedem Kunden und jedem Auftrag vermuten, dass er ausfallen wird, käme unser Geschäft sehr schnell zum Erliegen. Mit jedem gewährten Lieferantenkredit ist immer auch eine Prise Zuversicht verbunden, dass der Kunde unsere Leistungen pünktlich und vollständig zahlen wird. Denn eine hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht. Wenn wir alle eine wenig optimistischer Denken und Handeln, wird das eine baldige Erholung der Wirtschaft sicherlich nicht be- oder verhindern.

[1] Wirtschaftswunder-Kanzler Ludwig Erhard soll das vor mehr als einem halben Jahrhundert gesagt haben.

Rückblick 18. Virtueller Credit Management Stammtisch

Am 17. Juni 2025 fand der mittlerweile 18. Virtuelle Credit Management Stammtisch des BvCM Österreich mit insgesamt 60 Teilnehmern statt. Thema war einerseits die Präsentation der aktuellen Risikomanagement Studie, die gemeinsam mit EY Österreich, CRIF und Business Circle erstellt wurde, andererseits die Rolle des Interim-Managers in der Restrukturierung und Sanierung von Unternehmen.

Zu Beginn des Stammtisches stellten Jasmin Haas (Key Account Manager, CRIF) und Mag. Markus Hölzl, CFE, CIA (Partner und GF Risk Consulting, EY Österreich) die Umfrage zum Risikomanagement vor. Risikomanagement wird als Managementsystem verstanden, das über Einzelrisiken hinausgeht und Wechselwirkungen betrachtet. Über 50 Unternehmen nahmen an der Umfrage teil. Ein Ergebnis der Umfrage war, dass viele Unternehmen sich für krisenfest halten, aber wenn man sich die Situation anschaut, es nicht sind. So haben beispielsweise 22% der befragten Unternehmen keine Risikomanagement-Abteilung oder fast die Hälfte verfügen über keine ausreichende Datenbasis oder Echtzeitdaten.

Im Anschluss sprach Mag. Christian Andre (Associate Partner, dieSaremas GmbH) über die Herausforderungen in der Restrukturierung. Immer wieder kann festgestellt werden, dass Unternehmen oft zu spät Hilfe suchen. Obwohl das Liquiditäts- und Debitorenmanagement sowie das Controlling entscheidend sind, sind schlechte Finanzprozesse und fehlende Finanzabteilungen häufige Ursachen für Krisen.

Die Herausforderung, bei Lieferanten Vorkasse zu leisten obwohl keine Bankfinanzierung möglich ist, wird über Factoring gelöst. Ein weiterer Lösungsansatz ist die engmaschige Abstimmung und Kommunikation zwischen allen Abteilungen, welche in Präsenz erfolgen muss.

Nach 90 Minuten konnte wieder das Fazit gezogen werden, dass das Kredit- und Risikomanagement eine zentrale Rolle bei der Risikosteuerung und Liquiditätssicherung spielen.

An dieser Stelle möchten wir uns wieder herzlich bei allen Referent:innen und Teilnehmer:innen bedanken. Wir freuen uns auf den nächsten Virtuellen Credit Management Stammtisch am 25. November 2025.