Mahnen: „Wer ein WARUM hat, dem ist kein WIE zu schwer.“ [Friedrich Nitzsche]
Gerade dann, wenn Sie Veränderungen in der Art und Weise, wie Sie Ihre säumigen Kunden mahnen vornehmen wollen (oder auch müssen), ist es wichtig, allen Beteiligten mitzuteilen, warum Sie das machen. Wenn Ihre Mitarbeiter*innen und Ihre Kund*innen verstehen und nachvollziehen können was Ihre Beweggründe und Ihre Zielsetzungen sind, dann wird die Umstellung schneller und mit deutlich weniger Aufwand gelingen.
Nehmen Sie alle intern involvierten Personen mit, wenn Sie ein strukturiertes und differenziertes Mahnkonzept für Ihr Unternehmen entwickeln.
Nach unserer Erfahrung gibt es kein Unternehmen, das vollständig darauf verzichten würde, ausstehende Zahlungen anzumahnen. Häufig sind die Verfahrensweisen und Prozesse aber über Jahrzehnte gewachsen und wurden nicht grundsätzlich hinterfragt. Das führt dazu, dass in den Unternehmen oft niemand mehr weiß, warum bestimmte Dinge gemacht werden, wie sie gemacht werden. Aber es gibt eine geübte Praxis, die ein hohes Maß an Selbstverständlichkeit und Routine besitzt. Das gibt allen beteiligten Mitarbeiter*innen ein hohes Maß an Sicherheit. Ihre geplante Veränderung bedeutet daher zunächst einmal mehr Unsicherheit. Allein daraus resultieren häufig schon Abwehrhaltungen bei den Beteiligten.
Da durch Ihr neues Mahnkonzept auch nicht ausgeschlossen ist, dass sich Arbeiten, Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten verlagern können, ist nach unserer Erfahrung die Haltung vieler Mitarbeiter*innen zunächst skeptisch, abwehrend oder gar widerständig.
Employees first! Identifizieren Sie Ihre internen Stakeholder.
Wir sind der Meinung: Mahnen ist eine Gemeinschaftsaufgabe; mahnen ist Teamwork. In der Praxis erleben wir es häufig, dass die Aufgabe zu mahnen an einzelne Personen oder Stellen delegiert wird. Häufig sind es Mitarbeiter*innen in der Debitorenbuchhaltung. Genauso häufig besitzen diese Mitarbeiter*innen dann aber nicht die Kompetenz die damit verbundenen Entscheidungen eigenverantwortlich zu treffen. In der Regel will die Geschäftsleitung und zumindest der Vertrieb dann im Einzelfall noch „ein Wörtchen mitreden“. Aber auch andere Stellen, wie z.B. die Qualitätssicherung im Fall von Reklamationen sind involviert. Im Grunde genommen interessieren sich Ihre Kunden nämlich nicht für Ihre internen Zuständigkeitsregelungen. Sie sprechen mit den Kontakten zu Ihrem Unternehmen, mit denen sie die engsten und besten Beziehungen haben. Manchmal nutzen die Kunden aber auch einfach den Kontakt, der sich zufällig (bei anderer Gelegenheit) ergibt.
Diese „Beliebigkeit“ in der Kunden- und Mahnkommunikation führt dann dazu, dazu die Positionen, die gegenüber den Kund*innen vertreten werden häufig nicht homogen sind. Nicht selten vertreten Finanzbereich und Vertrieb unterschiedliche Positionen in der Frage des pünktlichen Zahlens offener Rechnungen. Das Resultat daraus ist: „Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte.“ Die Kund*innen orientieren sich dann selbstverständlich an den Aus- oder Zusagen, die ihnen am gelegensten sind. Daher sollte in Ihrem Unternehmen auch bezogen auf das Mahnen gelten „one face to the customer“.
Gemeinsam statt einsam!
Eine tragfähige Mahnkonzeption wird sinnvollerweise nicht im „Elfenbeinturm“ der Geschäftsführung oder des Credit Managements entwickelt, sondern gemeinsam mit den beteiligten Mitarbeiter*innen. Positionen, die intensiv diskutiert wurden, in die jede*r seine Meinung einbringen konnte, können dann später in der Praxis selbstverständlicher und selbstbewusster kommuniziert und vertreten werden. Außerdem entsteht dadurch ein viel besseres Verständnis für die gegenseitigen Sicht- und Verhaltensweisen.
First Things First!
Bevor Sie sich in den Detailfragen von Abläufen, Zuständigkeiten, Daten und Einzelfällen verlieren, sollten Sie eine gemeinsames Bewusstsein und eine gemeinsame Überzeugung schaffen, warum Sie Ihre Kunden mahnen und welche Ziele Sie mit der Reorganisation Ihrer Mahnprozesse verbinden.
Bei der Frage nach dem WARUM stellen wir häufig fest, dass sehr schnell juristisch argumentiert wird: „Es wurde ein Vertrag geschlossen. Der Zahlungstermin ist rechtsverbindlich vereinbart. Und bei Nichtzahlung besteht das Recht, Verzugsschaden geltend zu machen.“ Das ist alles richtig, unserer Meinung nach zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht angemessen. Denn in erster Linie haben wir mit unseren Kund*innen doch eine kaufmännische Beziehung. Die Kund*innen wollen von uns erstklassige Produkte oder Dienstleistungen beziehen und wir möchten unseren Aufwand und unsere Leistung angemessen entlohnt bekommen. Und: Wir wollen eine dauerhafte Kundenbeziehung aufbauen. Daher sind die Gründe, warum wir mahnen und warum wir künftig in einer veränderten Art und Weise mahnen wollen, in erster Linie ökonomischer Natur. Nachfolgend wollen wir diese Gründe kurz skizzieren:
- Pünktliche Rechnungszahlung ist die Grundlage dafür, dass Ihr Unternehmen den eigenen Verpflichtungen fristgerecht nachkommen kann. Nur, wenn die Kund*innen die Rechnungen wie vereinbart zahlen, können Sie Löhne und Gehälter pünktlich anweisen, Ihre Kredittilgungen leisten, Energiekosten begleichen, Mieten überweisen sowie Steuern und Sozialabgaben zahlen kann.
- Zahlungsziele muss Ihr Unternehmen vorfinanzieren. Wird dieser Finanzierungszeitraum durch die Kund*innen eigenmächtig verlängert, entstehen dadurch höhere Kosten. Das reduziert das Ergebnis und damit die Spielräume für die Verwendung dieser Mittel.
- Wenn Zahlungszielüberschreitungen dazu führen, dass Ihr Unternehmen selbst in Zahlungsverzug gerät, sinkt damit die Reputation und ggf. die Bonität Ihres Unternehmens. Das hat einerseits ggf. geringere Umsätze und andererseits höhere Kosten zufolge.
- Mahnprozesse sind keine Wert- sondern Kostentreiber. Höhere, vermeidbare Kosten bedingen geringere Preisgestaltungsspielräume des liefernden und leistenden Unternehmens. Entstehende Kosten müssen daher so gering als möglich gehalten werden.
- Mahnungen sind ein Gebot der Fairness. In der Regel zahlen mehr als 80 Prozent Ihrer Kunden pünktlich Ihre Rechnungen. Das sind die Kunden, die sicherstellen, dass Sie Ihren Verpflichtungen pünktlich und zuverlässig nachkommen können. Die Schlechtzahler dagegen erzeugen vermeidbaren Aufwand und vermeidbare Kosten. Diese werden i.d.R. aber im Zuge der Gemeinkostenverrechnung allen Kunden durch entsprechend höhere Preise auferlegt. Ist das fair?
- Zahlungsunfähigkeit ist der häufigste Grund, warum Unternehmen Insolvenz beantragen müssen. Um die Existenz Ihres Unternehmens zu sichern, dürfen Sie nicht den Kund*innen die Entscheidung überlassen, wann sie ihren Zahlungsverpflichtungen.
Ohne Ziel stimmt jede Richtung!
Aus dem WARUM können Sie sehr leicht Ziele für Ihr strukturiertes, differenziertes Mahnkonzept ableiten. Folgende Zielsetzungen lassen sich z.B. formulieren:
- Sicherstellung der Liquidität und der Zahlungsfähigkeit zu jedem Zeitpunkt. Dadurch Existenzsicherung des Unternehmens.
- Vermeidung bzw. Reduktion nicht wertschöpfender Aufwände und Kosten. Dadurch Gewinnung höherer Preisgestaltungsspielräume.
- Faire und möglichst partnerschaftlicher Umgang mit den Kund*innen. Dadurch Chance, Kund*innen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten aktiv zu helfen.
Auf dieser Grundlage können Sie Ihre unternehmensspezifischen Schwerpunkte setzen und nötige Differenzierungen und Konkretisierungen vornehmen.
Customer second: Sage, was Du tust und tue, was Du sagst!
Es genügt jedoch nicht, die internen Stakeholder zu beteiligen und „auf die Reise mitzunehmen“. Genauso wichtig ist es, Ihre Kund*innen einzubeziehen und sie zumindest aktiv zu informieren. Oft haben Unternehmen über Jahre und Jahrzehnte ihr Mahnverfahren in nahezu unveränderter Weise praktiziert. Wenn diese Unternehmen nun ihre Vorgehensweisen (ggf. grundlegend) ändern, kann das ihre Kund*innen überraschen. Der/die eine oder andere Kund*in rechnet/kalkuliert u.U. damit, dass ausstehende Beträge erst sehr spät und dann mehrfach mit längeren Fristsetzungen gemahnt werden.
Wir haben die gute Erfahrung gemacht, dass eine Information der Bestandskund*innen, insbesondere der A- und B-Kunden, mit genügend zeitlichem Vorlauf, die Umsetzung der neuen Prozesse erheblich beschleunigt und weitgehend reibungslos gestaltet. Wenn Sie bei dieser Vorab-Information den Kund*innen Ihre Beweggründe darlegen, werden Sie bei einem sehr großen Teil Ihrer Kund*innen Zustimmung ernten. Sie müssen immer bedenken: Der größte Teil Ihrer Kund*innen sind pünktliche Zahler.
Wie wir uns ein strukturiertes und differenziertes Mahnkonzept genau vorstellen, werden wir in den nächsten Veröffentlichungen erläutern.