Ein neuer Standard? Wird die Echtzeitüberweisung die bisherige „normale“ Überweisung ablösen?

Seit 09. Januar 2025 müssen Banken in der Europäischen Union, Echtzeitüberweisungen in Euro (also nicht in Fremdwährung; für diese soll die Echtzeitüberweisung aber schon 2027 umgesetzt werden) annehmen und verarbeiten können. Ab Oktober 2025 müssen alle Kreditinstitute dann auch anbieten, Geld in Echtzeit zu senden. Echtzeitüberweisung bedeutet, dass der Geldtransfer vom Absender bis zum Empfänger nicht mehr als 10 Sekunden dauern darf. Die Echtzeitüberweisung ist zwar nicht kostenlos, sie darf aber nicht mehr mehr kosten als die bisherige Standard-Überweisung.

Ist das nun der erste Schritt auf dem Weg, die Echtzeitüberweisung zum Kassenschlager zu machen?

Aus Sicht der Bankkunden könnte das gut so sein. Warum sollten Absender (Zahler) künftig auch nur einen Tag früher zahlen als erforderlich? Liquidität bleibt so länger auf dem eigenen Konto. Auch die Planung und das Controlling werden einfacher, weil zeitnäher. Aber: Das Geld wird sofort vom Konto abgebucht. Werden Fehler gemacht, können diese nicht mehr korrigiert werden. Eine entsprechende Sorgfalt ist also unabdingbar.

Was bedeutet diese Entwicklung für das Credit Management?

Auch im Credit Management sind auf Seiten der Gläubiger genauso wie auf der Seite der Schuldner positive Wirkungen zu erwarten. Schuldner können (wenn ihr Kreditinstitut das Senden einer Echtzeitüberweisung jetzt bereits anbietet) alle fälligen Rechnungen in der EU, die in Euro lauten, am Fälligkeitstag zahlen. Auch die Frage, ob die Fälligkeit auf ein Wochenende oder einen Feiertag fällt, ist künftig unerheblich. Die Echtzeitüberweisung funktioniert 365 Tage im Jahr rund um die Uhr. Also auch die Inhaber von Kleinbetrieben, die ihre Verwaltung oft abends erledigen, können auch noch nach Feierabend fristgerecht Geld anweisen. Mit der Echtzeitüberweisung sollten die recht häufigen Diskussionen, ob der Kunde rechtzeitig gezahlt hat oder aber nicht, der Vergangenheit angehören. Diese Diskussion dürfte sich besonders bei der Frage der fristgerechten Skontozahlung für alle Beteiligten positiv auswirken.

Entlastung dürfte die Echtzeitüberweisung auch bei Geschäften bringen, die Kunden, die sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befinden, die vorübergehend Liquiditätsengpässe aufweisen oder die ältere, fällige Außenständen haben. Bisher wurden solche Kunden sehr häufig auf Vorauskasse gesetzt. Dafür sollte es künftig keine Notwendigkeit geben. Bei einer Transferdauer von 10 Sekunden, können künftig die Geschäfte so abgewickelt werden, dass der Kunde bei Übergabe der Ware die Echtzeitüberweisung tätigt und der Verkäufer den Geldeingang sofort kontrollieren kann. Sowohl bei Kunden als auch beim Lieferanten/Dienstleister sollte sich das Ausfallrisiko in Richtung „null“ bewegen.

Wie sich die Nutzung der Echtzeitüberweisung tatsächlich entwickeln wird, werden wir im Verlauf des Jahres erleben. Wir sind gespannt.

„Mahnstrategie“: Übertrieben oder sinnvoll?

Wir kennen kein Unternehmen in Österreich, dass unbezahlte, überfällige Rechnungen nicht mahnt. Kein Handwerker, kein Händler, kein Industrieunternehmen, kein Dienstleistungsunternehmen und kein Freiberufler verzichtet freiwillig und ohne Not auf das ihm zustehende Geld. Daher versucht jeder dieser Gläubiger – auf die eine oder andere Art und Weise – an sein Geld zu kommen.

Die Aktivitäten und die Prozesse die dazu in den Unternehmen anzutreffen sind, erscheinen uns dabei so vielfältig, wie die Unternehmen selbst. Nicht selten wird viel Engagement gezeigt und ein hoher Aufwand betrieben, um die säumigen Zahler zur Begleichung der Rechnungen zu bewegen. Leider ist aber auch sehr häufig festzustellen, dass der damit verbundene Erfolg in einer eher schlechten Relation zum betriebenen Aufwand steht.

Von Experten wird daher oft der Rat erteilt, Unternehmen sollten eine Mahnstrategie erarbeiten und implementieren. Aber braucht es wirklich eine Strategie? Ist eine solche Strategie sinnvoll oder völlig übertrieben?

Um uns den Antworten auf diese Fragen zu nähern, sollten wir uns zunächst einmal anschauen, was unter einer Strategie zu verstehen ist. Das Gabler Wirtschaftslexikon definiert Strategie wie folgt: „Strategie wird definiert als die grundsätzliche, langfristige Verhaltensweise (Maßnahmenkombination) der Unternehmung und relevanter Teilbereiche gegenüber ihrer Umwelt zur Verwirklichung der langfristigen Ziele.“ So weit so gut. Wenn wir ein wenig tiefer ins Detail gehen, wird in einer Unternehmensstrategie festgelegt, in welchem Feld ein Unternehmen tätig ist oder künftig sein wird, welche Ressourcen, Wettbewerbsvorteile und Synergien es nutzen kann oder will, um seine langfristigen Zielsetzungen zu erreichen[1].

Klar, handelt es sich bei den Mahnaktivitäten eines Unternehmens immer um Maßnahmenkombinationen, die hoffentlich meist grundsätzlich festgelegt werden. Sie sollten auch ständig kurzfristig geändert, sondern eher langfristig verfolgt werden. Aber reicht das, um von einer Mahnstrategie zu sprechen? Der eine sagt so, der andere sagt so. Am Ende des Tages handelt es sich unserer Meinung nach um eine rein akademische Fragestellung. Aber, wir haben eine gewisse Präferenz dafür, die „Früchte begrifflich nicht so hochzuhängen“. Denn das eine oder andere oder andere kleine oder mittelständische Unternehmen[2] könnte sich alleine vom verwendeten Begriff davon abschrecken lassen, sich mit einigen grundsätzlichen Fragen zum eigenen Mahnverfahren auseinander zu setzen.

Wir neigen daher dazu, den Unternehmen zu empfehlen, ein unternehmensspezifisches, strukturiertes Konzept für das Mahnen ausstehender Rechnungen zu entwickeln und effiziente Prozesse zu implementieren, die schnell und zuverlässig die angestrebten Ergebnisse hervorbringen. Das ist das, was auch KMU regelmäßig machen und was sie gut beherrschen.

Und was gehört in ein solches Mahnkonzept hinein?

Zunächst einmal – und das wird leider sehr häufig vernachlässigt – sollte das Konzept klare, nachvollziehbare Aussagen darüber enthalten, warum Ihr Unternehmen in der Art und Weise mahnt, wie es mahnt. Ihre Stakeholder – intern wie extern – müssen nachvollziehen können, was Ihre Beweggründe sind, welche Notwendigkeiten bestehen und welche Ziele Ihre Maßnahmen verfolgen. Insbesondere, wenn Sie spürbare Veränderungen zu Ihren bisherigen Handlungsweisen vornehmen wollen, müssen Sie den Beteiligten immer zwei Fragen beantworten: „Warum machen wird das?“ und „Warum machen wir das jetzt?“

Auf diesem Fundament können und müssen Sie Ihr Konzept dann „weiterbauen“:

Legen Sie fest, welche Akteure, welche Aufgaben mit welchen Kompetenzen in Ihrem Mahnkonzept haben. Außerdem sollte das Konzept wesentliche Festlegungen hinsichtlich der zu implementierenden Prozesse beinhalten. Dazu zählen die Art und Weise, wie säumige Zahler gemahnt werden. Der Zeitpunkt bzw. die Zeitpunkte, wann Schuldner kontaktiert werden, sind ebenso zu regeln wie die Häufigkeit der Mahnungen.

Da nicht jeder Mahnvorgang per sé erfolgreich ist, muss Ihr strukturiertes Konzept auch klare Regelungen enthalten, wann und wie die eigenen (kaufmännischen) Mahnaktivitäten beendet und externe (juristische) Schritte eingeleitet werden.

Aber, nicht jede ausstehende, fällige Zahlung darf gemahnt werden. Manchmal haben Kunden auch sehr gute und nachvollziehbare Gründe, Rechnungen nicht zu begleichen (z.B. formale oder inhaltliche Fehler in der Rechnungsstellung, gravierende Qualitätsmängel mit unbearbeiteten Reklamationen). Aus diesem Grund muss Ihr Mahnkonzept auch Aussagen darüber treffen, wann und wie Mahnsperren eingerichtet werden dürfen, wie diese überprüft und ggf. wieder aufgehoben werden.

Und nicht zuletzt ist in einem Mahnkonzept zu regeln, welche Systeme für das Mahnen genutzt werden und wie die Mahnaktivitäten dokumentiert und archiviert werden müssen.

An diesen aggregierten Ausführungen sehen Sie bereits, dass ein strukturiertes, systematisches und differenziertes Mahnkonzept viele Gestaltungselemente besitzt. Wie Sie diese Gestaltungsmöglichkeiten für Ihr Unternehmen sinnvoll nutzen, darüber wollen wir in unseren folgenden Veröffentlichungen detaillierter informieren.

______________________

[1] vgl. https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/strategie-43591/version-266920

[2] https://www.bmaw.gv.at/Services/Zahlen-Daten-Fakten/KMU-in-%C3%96sterreich.html#:~:text=Im%20Jahr%202022%20z%C3%A4hlten%20rund,mit%20weniger%20als%20zehn%20Besch%C3%A4ftigten.m „Im Jahr 2022 zählten rund 601.300 Unternehmen in der marktorientierten Wirtschaft zu den KMU , das sind 99,8 Prozent aller heimischen Unternehmen der marktorientierten Wirtschaft.“

Stell Dir vor, es ist eine Mahnung und keiner macht mit

In einer Veröffentlichung im November hat Walter Koch, Geschäftsführer der KSV1870 Forderungsmanagement GmbH, davon berichtet, dass das Zahlungsverhalten der Konsumenten über alles gesehen zwar nicht signifikant schlechter geworden ist. Er stellt aber auch fest, dass die Kommunikation mit Schuldnern sich verändert hat und der Ton rauer geworden ist.

Wir beobachten zusätzlich aber auch, dass die Schuldner zunehmend nicht mehr auf Mahnungen reagieren: Auf schriftliche Mahnungen gehen weder Zahlungen ein, noch antworten die säumigen Kunden in anderer Art und Weise. Auch wenn telefonisch gemahnt wird, sind die Reaktionen zunehmend -um es vorsichtig zu formulieren – verhalten. Teilweise antworten die Schuldner in Telefonaten auf Fragen nicht mehr. Wenn sie über die Konsequenzen des Nichtzahlens informiert werden, besteht die Antwort nicht selten aus Schulterzucken.

Für die schnelle Realisierung der Forderung, für die Sicherstellung der Liquidität auf der Gläubigerseite, ist das zuvor geschilderte Verhalten der Kunden natürlich kontraproduktiv. Das wirft die Frage auf, wie sich Lieferanten und Dienstleister positionieren sollten, um erstens vollständig und zweitens möglichst schnell an ihr Geld zu kommen.

Wenn beim Kunden der Zahlungsverzug eintritt, ist für die gerichtliche Geltendmachung des Gläubigeranspruchs keine vorherige Mahnung erforderlich. Ist die Zahlung fällig und es gibt keinen Zahlungseingang, darf der Gläubiger sofort auf Zahlung des Kaufpreises klagen.

Obwohl dieses juristisch geprägte Vorgehen unter Umständen die schnellste Art und Weise wäre, die bestehenden und berechtigten Forderungen vollständig zu realisieren, können wir das nicht generell empfehlen. Walter Koch zeigt z.B. Verständnis für die Schuldner, denn deren Schulden sich bedingt durch die Inflation verdoppelt oder gar verdreifacht haben. Wenn auf den Bankkonten der Schuldner am Monatsende ein dickes Minus verzeichnet ist, bringt das sofortige juristische Vorgehen das ausstehende Geld möglicherweise auch nicht schnell ins Haus.

Außerdem müssen wir stets daran denken, Schuldner sind in erster Linie Kunden. Und Kunden und deren Aufträge stellen für unsere Unternehmen die Existenzgrundlage dar. Welche Kunden würden uns Ihrer Meinung nach noch Aufträge erteilen, wenn wir sie bei Ausbleiben einer fälligen Zahlung sofort verklagen würden? Immerhin gibt es stets auch Kunden, die es schlicht und einfach versäumt bzw. vergessen haben die Rechnung rechtzeitig zu überweisen. Diese Kunden würden wir völlig unnötig verärgern, wir würden quasi „mit Kanonen auf Spatzen schießen“.

Den Dingen einfach ihren Gang zu lassen, nach dem Motto „irgendwann wird der Kunde schon zahlen“ ist allerdings auch keine empfehlenswerte Alternative.

Um unter den gegenwärtigen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen Forderungen schnell zu realisieren, bedarf es unserer Meinung nach eines differenzierten und strukturierten Konzepts für das betriebliche Mahnwesen. Das teilweise über Jahrzehnte gewachsene und selten grundsätzlich reflektierte Mahnwesen in vielen Unternehmen, erfüllt die Anforderungen an ein solches Konzept unserer Meinung nach oft nicht.

In unseren demnächst folgenden Veröffentlichungen werden wir Ihnen daher unsere Vorstellungen von einem solchen Konzept vorstellen.

Liquidität durch Factoring: Ein paar Denkanstöße

In unseren jüngsten Beiträgen haben wir versucht, Ihnen Factoring als Instrument zur Lösung von Ausfallrisiken und Liquiditätsengpässen näher zu bringen. Wir hoffen, es ist uns gelungen.

Damit Factoring für Sie die angestrebte Wirkung entfalten kann, ist es unerlässlich, dass Sie sich im Vorfeld über Ihre Anforderungen möglichst klarwerden. Nur die Klarheit Ihrer Anforderungen ermöglicht es Ihnen -mit Unterstützung durch einen Fachmann/eine Fachfrau, aus dem vielfältigen und hochkomplexen Angebotsspektrum die am besten passende Lösung für Sie auszuwählen.

WAS WOLLEN SIE ERREICHEN?

Werden Sie sich klar über die Ziele, die Sie erreichen möchten. Denn ohne Ziel stimmt jede Richtung. Factoring kann mit sehr unterschiedlichen Zielsetzungen eingeführt werden:

  • Wollen Sie lediglich eine flexible Finanzierung Ihrer Forderungen realisieren oder ist zusätzlich auch ein wirksamer Schutz vor potenziellen Forderungen für Sie wichtig?
  • Wollen Sie die eigene Bearbeitung Ihrer Kunden nach der Rechnungsstellung so weit als möglich reduzieren und das Debitorenmanagement vom Factor beziehen? Oder sind die Beziehung und der After-Sales-Kontakt zu Ihren Kunden das Letzte, dass Sie outsourcen würden?
  • Möchten Sie Ihre DSO dauerhaft reduzieren und dadurch den Cash Conversion Cycle nachhaltig verkürzen oder möchten Sie lediglich Ihre Bilanzkennzahlen zum Bilanzstichtag optimieren?
  • Dürfen/Sollen Ihre Kunden wissen, dass Sie Ihre Forderungen verkaufen oder sollen die Kunden möglichst nichts davon erfahren.

Zusätzlich zu den oben exemplarisch formulierten Fragen zur Factoringzielsetzung gibt es einige weitere Festlegungen, die Sie treffen müssen, damit Factoring die Effekte erzielt, die Sie anstreben.

Eine STRUKTURIERTE und ERFAHRUNGSGESTÜTZTE VORGEHENSWEISE ist unerlässlich

Wenn Sie Factoring in einem überschaubaren zeitlichen Rahmen realisieren und den eigenen Aufwand dabei  „im Rahmen“ halten wollen, ist eine systematische und strukturierte Herangehensweise unerlässlich. Dabei ist es wenig hilfreich, völlig unbedarft an die Sache heranzugehen und „Experimente zu machen“.

Damit in vertretbarer Zeit der passende Factor gefunden und die Factoringlösung implementiert werden kann, ist eine gründliche Analyse unerlässlich. Die Debitorenstruktur, die Alters- und Risikostruktur der Forderungen, Rechnungsstellungs- und Reklamationsprozesse etc. müssen dabei sehr genau betrachtet werden. Von einer solchen Analyse ist es abhängig, welcher Forderungsbestand bzw. welcher Ausschnitt aus dem Forderungsportfolio dem Markt angeboten wird. Je besser dieses Portfolio „passt“, umso schneller und treffender lassen sich Anbieter und Angebote finden, die den Anforderungen des Forderungsverkäufers genügen.

In der Regel münden die Anforderungen in einem Ausschreibungstext und -verfahren, in das nach einer gemeinsamen Vorauswahl (von Verkäufer und Berater) die Anbieter einbezogen werden, die einerseits die Anforderungen des Forderungsverkäufers an den potenziellen Käufer weitgehend erfüllen. Andererseits ist es natürlich entscheidend, dass die Factoringanbieter auch das Produkt- und Leistungsportfolio aufweisen, das den Zielen des Verkäufers weitgehend entspricht.

GUTE VORBEREITUNG ist zwar nicht alles, aber oft die HALBE MIETE.

Factoringinstitute kaufen Forderungen nicht ohne genaue Prüfung des zu erwerbenden Portfolios und des Verkäufers an. Auf diese Prüfung kann und sollte sich der Forderungsverkäufer vorbereiten. Reports und Analysen können vorbereitet werden, so dass Fragen zur Debitorenstruktur und zum Forderungsportfolio quasi sofort auf einem aktuellen Stand ausgewertet und beantwortet werden können.

Die Zeit, bis Interessensbekundungen bzw. Angebote eingehen und danach verglichen werden, sollte auch genutzt werden, um interne Prozesse wie Bonitätsprüfung, Forderungsabsicherung, Mahnung, Reklamationsbearbeitung etc. zu prüfen, zu optimieren und Prozessbeschreibungen zu vervollständigen.

Je besser der Verkäufer auf die Fragen des Käufers vorbereitet ist, umso schneller liegen entscheidungsreife Angebote vor.

Wichtig bei der Umsetzung des Factoring ist auch die Integration des wiederkehrenden Verkaufs- und Abrechnungsprozesses in die IT-Landschaft des Verkäufers. Nur dann, wenn der Ankauf und die Abrechnung der Forderungen weitgehend automatisiert abgewickelt werden können, ist ein effizientes Handling bei beiden Vertragspartnern möglich. Informationen zu Realisierung der Schnittstellen können zusammengetragen, Ressourcen zur Realisierung eingeplant und erste vorbereitende Arbeiten bereits ausgeführt werden.

Der Forderungsverkauf wird einige Debitorenprozesse verändern. Das wird sowohl die Mitarbeitenden als auch die Kund:innen tangieren. Mitarbeitende können bereits auf diese Veränderungen vorbereitet und geschult werden. Die Information und die Kommunikation mit den Kund:innen kann bereits abgestimmt und organisiert werden.

Ferner ist zu beachten, dass ggf. einige interne und/oder externe Stellen in die Entscheidungsfindung und Genehmigung involviert sein können. Regelmäßig sind Gesellschafter, Anwälte und Wirtschaftsprüfer zu konsultieren. Je früher und konkreter hier die Einbeziehung erfolgt, umso eher kann die Entscheidungsfindung und Genehmigung erfolgen.

WAS KANN ERREICHT WERDEN?

Wenn Sie die Auswahl und die Einführung mit erfahrenen Experten vornehmen, sind folgende Ergebnisse sehr wahrscheinlich:

  • Regelmäßige Liquiditätszuflüsse im angestrebten Rahmen
  • Absicherung der Forderungen/Kunden, die Sie benötigen
  • Effiziente laufende Abwicklung der Verkaufs-, Prüfungs- und Abrechnungsprozesse
  • Einhaltung aller steuerlichen und bilanzrechtlichen Vorschriften
  • Verbesserung relevanter Unternehmenskennzahlen
  • Verbesserung der Kundenbeziehung
  • Steigerung der Flexibilität hinsichtlich der Kundenanforderungen an Zahlungsziele
  • Verbesserung der Beziehung zu Lieferanten durch pünktliche Zahlung
  • vermehrte Skontoausnutzung

FAZIT

Factoring kann helfen, aktuelle Herausforderungen besser zu meistern. Sie benötigen dazu erfahrene Partner und erprobte, strukturierte Vorgehensweisen. Wenn Sie solche Partner suchen, können Sie u.a. hier im Kreis unserer Mitglieder fündig werden.

Hauptsache „flüssig“ bleiben

Die Creditreform rät in ihrem Newsletter am 11. November 2024 kleinen und mittelständischen Unternehmen, beim Bemühen um Stabilität und Existenzsicherung des Unternehmens, ein großes Augenmerk auf die Liquidität und die Liquiditätsplanung zu legen. Ausreichende Liquidität gewährleistet die eigene Fähigkeit, fällige Verbindlichkeiten pünktlich zu bedienen. Das Risiko, wegen Zahlungsunfähigkeit eine Insolvenz beantragen zu müssen, wird dadurch verringert.

Aber, es ist nicht so einfach „flüssig zu bleiben“. Kunden finden zunehmend Vorwände und Ausreden, um Rechnungen nicht pünktlich zu zahlen. Auf Mahnungen reagieren sie erst einmal nicht und hoffen, eine „Vogel-Strauß-Politik“ (Kopf in den Sand stecken) würde ihnen helfen. (Leider tut sie das auch, weil viele Lieferanten und Dienstleister zu zögerlich [also zu spät, in zu großen Abständen] und zu oft in untauglicher Weise mahnen.)

Bei den anhaltend zunehmenden Insolvenzen und den gleichzeitig wachsenden Schadensbeträgen, wächst das Risiko, dass Kundeninsolvenzen ein großes Loch in die Liquidität reißen. Wenn dann die Kreditlinien bei der Bank ausgereizt sind, kann es tatsächlich eng werden.

Was tun? Gefahr erkannt, Gefahr gebannt!

Das Beste ist, bezogen auf die Liquidität, stets genügend „Wasser unter dem Kiel zu haben“. Also: Besser die Liquidität „nicht auf Kante nähen“ und sicherstellen, dass Ihr Geld nicht auf den Bankkonten und in den Kassen Ihrer Kunden liegt, sondern bei Ihnen in Ihrem Verwendungsbereich. Aber wie schaffen Sie das, wo Sie doch sowieso gerade einen Personalmangel im Finanzbereich haben und Ihre Mitarbeitenden jetzt schon mehr Arbeit haben, als sie dauerhaft bewerkstelligen können?

Factoring: Die eierlegende Wollmilchsau zur Lösung der Liquiditäts- und Forderungsausfallprobleme?

Factoring[1] ist der regelmäßige Verkauf von Forderungen aus Lieferungen und Leistungen an einen Factor (Factoring-Institut). Im Gegenzug erhält das Unternehmen, das seine Forderungen verkauft, 80 bis 90 Prozent des Kaufpreises sofort, den Rest nach vertraglicher Vereinbarung. Auf diese Weise kann das Unternehmen, dass seine Forderungen verkauft, seinen Zufluss an liquiden Mitteln verstetigen und absolut planbar gestalten.

Obwohl bereits diese Verstetigung und Beschleunigung der Liquidität einen nennenswerten Vorteil für die Forderungsverkäufer darstellen, wird das Finanzierungsinstrument Factoring aus unserer Sicht -gerade bei Klein- und mittelständischen Unternehmen- noch zu selten für die Aufnahme in den Finanzierungsmix in Betracht gezogen und ernsthaft geprüft. Die Factoringbranche verzeichnet zwar Jahr für Jahr signifikante Zuwächse, das Wissen um die Möglichkeiten des Factoring ist bei den potenziellen Kunden bzw. Nutzern, nach unserer Wahrnehmung noch nicht in ausreichendem Maße vorhanden. Wir halten Factoring für ein Finanzierunginstrument, das vielen Unternehmen unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen helfen könnte, die damit verbundenen Herausforderungen zu bewältigen. Daher wollen wir Ihnen diese Form der Finanzierung ein wenig näher bringen.

Durch den Verkauf der Forderung an das Factoring-Institut, geht das Forderungsausfallrisiko auf den Käufer, also auf den Factor, über. Wenn die Forderung also vom Factor angekauft wurde, müssen Sie sich um den Ausfall (und den damit möglicherweise verbundenen Schaden) keine Sorgen mehr machen. Sollte ein Ausfallschaden eintreten, so trifft der den Factor und nicht Sie. Das Delkredererisiko geht durch den Verkauf vollständig auf den Käufer über.

Der Verkauf hat neben der Risikoreduktion und der gewonnenen Liquidität möglicherweise aber einen weiteren Vorteil für Sie. Der Verkauf der Forderung bewirkt zunächst, dass Sie Ihren Forderungsbestand reduzieren und im Gegenzug den Wert im Bereich Bank bzw. Kasse um den gleichen Betrag erhöhen. Dieser Aktivtausch führt bereits zu einer ersten Verbesserung einer Ihrer Unternehmenskennzahlen: Der Cash-Conversion-Cycle wird besser. Er verkürzt sich exakt um die Reduktion der Forderungslaufzeit, die durch das Factoring erzielt wird.

Exkurs:
Der Cash-Conversion-Cycle (CCC) beschreibt die Geldumschlagsdauer. Er misst die Kapitaleffizienz eines Unternehmens, in dem die Dauer, bis eine Investition wieder zur freien Liquidität wird, ermittelt wird. Der Cash-Conversion-Cycle berechnet sich aus DSO (Days Sales Outstanding = Forderungslaufzeit oder Außenstandsdauer), den DPO (Days Payables Outstanding = Kreditorenlaufzeit) und den DIO (Days Inventory Outstanding). Die Formel lautet: CCC = DSO + DIO – DPO

Wenn Sie die „gewonnene“ Liquidität nun nutzen, um Verbindlichkeiten zu reduzieren und Lieferantenrechnungen zu begleichen, verringert sich dadurch Ihre Bilanzsumme. Und dies hat für Sie den positiven Effekt, dass sich Ihre Eigenkapitalquote verbessert (und zwar ohne tatsächlich dem Unternehmen mehr Eigenkapital zur Verfügung zu stellen). Die Eigenkapitalquote ist eine der wesentlichen Kennzahlen, die u.a. dafür maßgeblich sind, wie Ihre Bonität beurteilt wird und zu welchen Konditionen Sie Fremdkapital aufnehmen können.

Einen nicht unerheblichen, einmaligen Effekt für Ihre Liquidität können Sie dann erzielen, wenn der Factor bereit ist, Ihren factorablen bereits vorhandenen Forderungsbestand anzukaufen. Das hebt Ihre Liquiditätsausstattung mit einem Schlag auf ein höheres Niveau.

Factoring kann Ihnen darüber hinaus  eine ganze Reihe weiterer Vorteile bieten:

  • Verlässliche und sichere Finanzplanung
  • Größerer finanzieller Handlungsspielraum
  • Spielraum zur Einräumung längerer Zahlungsziele gegenüber Debitoren
  • Erhöhung der Eigenkapitalquote
  • Besseres eigenes Rating/eigene Bonität durch optimierte Bilanzstruktur
  • Sicherheit durch Schutz vor Zahlungsausfällen aufgrund Delkredereabsicherung der Debitoren
  • Bessere Möglichkeiten Skonto-, Rabatt- und Boni-Angebote zu nutzen
  • Mehr Unabhängigkeit von Banken

Bei all diesen Vorteilen, wo ist der Haken?

Der Haken, wenn Sie es so nennen möchten, findet sich in dem Umstand, dass Sie die beschriebenen Vorteile nicht zum Nulltarif erhalten können; sie kosten (und das dürfte Sie nicht wirklich überraschen) Geld. Die spannende Frage ist: Wie viel kostet das? und Ist der Nutzen des Factoring spürbar größer als die damit verbundenen Kosten? Um diese Fragen konkret für Ihr Unternehmen zu beantworten, müssen die spezifische Situation Ihres Unternehmens und die Struktur Ihrer Debitoren, analysiert und bewertet werden. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass sich die Finanzierungsgebühren (Zinsen für den vom Factor gezahlten Kaufpreis der Forderungen für die Dauer bis zum tatsächlichen Zahlungseingang) in der Regel etwas unter dem marktüblichen Zins für Fremdkapital bewegen und die Kosten für die Verlagerung des Delkredererisikos auf den Factor ebenfalls konkurrenzfähig zu Versicherungsgebühren für eine Warenkreditversicherung sind. Ob eine Entscheidung für Factoring sich für Sie lohnt, das hängt von vielen Faktoren ab. Es lohnt sich für Sie aber auf jeden Fall, sich ein individuelles Angebot unterbreiten zu lassen.

Wie kann ich Factoring schnellstmöglich realisieren?

Wenn Sie im Factoring den letzten Strohhalm sehen, um nicht für Ihr eigenes Unternehmen Insolvenzantrag zu stellen, dann müssen wir Sie wahrscheinlich enttäuschen. Entgegen der landläufig oft vertretenen Aussage, Factoring würden nur Unternehmen durchführen, denen „das Wasser bereits bis zum Hals steht“, ist für das Factoring wichtig, dass das Unternehmen, das die Forderungen verkauft, eine eher gute Bonität besitzt. Deshalb raten wir Ihnen, früh- bzw. rechtzeitig tätig zu werden.

Da in den letzten Jahren das Factoringangebot in mehrfacher Hinsicht zugenommen hat (u.a. Zahl der Angebote, wachsende Anzahl Factoringarten, zunehmende Eignung für unterschiedliche Branchen), ist es unserer Meinung nach ratsam, sich bei der Anbieter- und Produktauswahl von ausgewiesenen Experten, durch spezialisierte Makler für Kreditversicherungen, Bürgschaften, Factoring etc., unterstützen zu lassen. Nach unserer Erfahrung ist das Engagement dieser Berater für die Factoringkunden kostenfrei, sie erhalten Provisionen für die vermittelten Aufträge von den Factoringinstituten.

Alle, die vor der Kontaktaufnahme mit Maklern oder Anbietern noch Informationen über die Vorgehensweise bei der Realisierung von Factoring wünsche oder benötigen, können in unserem nächsten Beitrag dazu ein wenig mehr erfahren.

______________________

[1] Factoring ist in Österreich ein Bankgeschäft im Sinne des Bankwesengesetzes (BWG). Gemäß § 1 Abs 1 Z 16 BWG wird Factoring als „der Ankauf von Forderungen aus Warenlieferungen oder Dienstleistungen, die Übernahme des Risikos der Einbringlichkeit solcher Forderungen – ausgenommen die Kreditversicherung – und im Zusammenhang damit der Einzug solcher Forderungen (Factoringgeschäft)“ definiert.; Quelle: https://www.factoring-verband.at/factoring-verband/rechtliche-rahmenbedingungen/; zugegriffen 21.11.2024

Insolvenzschäden outsourcen – Geht das?

Ja, das geht. Das Outsourcing von Risiken und den daraus ggfs. entstehenden Schäden nennt sich seit jeher „Versicherung“. Wir kaufen uns Sicherheit und übertragen unser Risiko (zumindest teilweise) gegen Zahlung einer Versicherungsprämie an den Versicherer.

Also, auch gegen Forderungsausfälle kann man sich versichern. Kreditversicherungen bieten einen Schutz vor dem Totalausfall offener Forderungen. Die Versicherungen bieten insbesondere Schutz bei Zahlungsunfähigkeit des Rechnungsempfängers. Solche Versicherungen werden z.B. angeboten von AllianzTrade, Atradius, Coface, R&V und Zurich Versicherung (in alphabetischer Reihenfolge). Neben diesen Full Service Kreditversicherern gibt es spezialisierte Kreditversicherer und die sogenannten Export Credit Agencies (ECA). Nicht nur die Zahl der Anbieter, sondern auch die Anzahl der verschiedenen Versicherungsprodukte ist durchaus vielfältig. Hier die richtige, nämlich für das eigene Unternehmen und die eigene Kundenstruktur passende, Versicherung zu finden, ist nicht einfach. Aber darauf kommen wir später noch einmal zurück.

Was genau bietet eine Kreditversicherung?

Während wahrscheinlich die weit überwiegende Zahl der Versicherungskunden eine Kreditversicherung zu dem Zweck abschließen, dass die Versicherung im Schadensfall den entstandenen Schaden kompensiert, sehen die Versicherungen ihr Angebot mit anderen Augen. Aus der eigenen Sicht bieten sie Schadensverhütung, Schadensminderung und Schadensvergütung. Wie das?

  1. Schadensverhütung entsteht dadurch, dass Versicherungssummen für Kunden entweder einzeln bei der Versicherung angefragt werden müssen oder aber durch den Versicherungsnehmer nach festgelegtem Verfahren und Ergebnis einer Bonitätsprüfung bis zu einer definierten Betragsgrenze selbst eingeräumt werden dürfen. Durch diese (professionelle) Bonitätsprüfung und „Zeichnung“ (so nennen die Versicherer das Zurverfügungstellen) einer Versicherungssumme wird der Lieferant oder Dienstleister vor potenziellen Schäden bewahrt (zumindest dann, wenn er sich genau an die eingeräumten Kreditgrenzen hält). Sie entsteht weiterhin dadurch, dass der Versicherungsunternehmer in regelmäßigen Abständen prüfen und der Versicherung ggf. melden muss, welche seiner Kunden die vereinbarten Zahlungsziele signifikant überschritten haben.
  2. Schadensminderung wird durch Regeln und Vorgaben des Versicherers erreicht. Sogenannte Obliegenheiten (vertragliche Pflichten) definieren, welche Maßnahmen der Versicherungsnehmer  ergreifen muss, wenn die Außenstandsdauer einen definierten Zeitrahmen übersteigt. Man wird also quasi vertraglich „gezwungen“ aktiv zu werden und darf nicht „die Hände in den Schoß legen“. Dadurch sollen Schuldner dazu gebracht werden, die offenen Forderungen auszugleichen (bevor der Schuldner in die Insolvenz geht). Je mehr Forderungen dadurch eingebracht werden können, umso geringer wird der Schaden, sollte der Kunde insolvent werden.
  3. Schadensvergütung stellt den Ausgleich durch den Versicherer im Schadensfall darf. Wann ein Schadensfall eintritt oder vorliegt, wird im Versicherungsvertrag genau definiert. Neben der Insolvenz kann vertraglich beispielsweise auch „protracted default“ als Schadeneintritt vereinbart werden. Der Eintritt des Versicherungsfalls ist bereits die Nichtzahlung der versicherten Forderung innerhalb einer vereinbarten Wartefrist, die i.d.R. nach Fälligkeit der versicherten Forderung. Ein objektiver Nachweis der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners ist dafür nicht erforderlich.

Und was kostet eine Kreditversicherung?

Diese Frage pauschal zu beantworten, dass wäre nicht seriös. Die Full Service Kreditversicherer bieten für eine erste Prämienschätzung Online-Tools auf ihren Webseiten, die interessierten Unternehmen die Möglichkeit geben, ein erstes Gefühl für die entstehenden Kosten zu gewinnen. Die wahrscheinlich zu zahlende Versicherungsprämie  ist dabei in der Regel von mehreren Faktoren abhängig: a) dem zu versichernden/der versicherbare Umsatz, b) die Branche des Versicherungsnehmers, c) der durchschnittliche Zahlungsverzug der Kunden, d) ggf. die Absicherung des Fabrikationsrisikos, e) die (zusätzliche) Absicherung außergerichtlicher Inkassokosten und f) die maximale Höhe der jährlichen Entschädigungsleistung. Ein willkürlich gewähltes Beispiel [a) versicherbarer Umsatz: 500.000€, b) Hersteller von Werkzeugmaschinen, c) 2 Tage Verzug, d) keine Absicherung Fabrikationsrisiko, e) keine Absicherung außergerichtlicher Inkassokosten und f) maximaler Entschädigungsbetrag p.a. die 60fache Jahresnettoprämie] ergab eine monatliche Nettoprämie von 125€ (1.500€ netto p.a.) und eine Höchstentschädigung von 90.000€. Wir raten jedem Unternehmen, dass sich dafür interessiert, sich ein konkretes Angebot, das exakt seine spezifischen Bedingungen widerspiegelt, unterbreiten zu lassen. Nur dann können die Kosten verlässlich eingeschätzt werden.

Löst denn die Kreditversicherung alle Probleme im Zusammenhang mit potenziellen Forderungsausfällen?

Schön wäre es, aber mitnichten! Leider ist auch eine Kreditversicherung kein „rundum-sorglos-Paket“. Das liegt vor allem an folgenden Sachverhalten:

  • Nicht jeder Kunden ist versicherbar

Die Kreditversicherung prüft die Bonität des zu versichernden Kunden (oder macht genau Vorgaben bei Eigenprüfung des Versicherungskunden). Ist die Bonität nicht ausreichend, wird die gewünschte Versicherungssumme entweder nur teilweise übernommen oder der Kunde wird bei schlechter Bonität auch überhaupt nicht versichert. In der Konsequenz bedeutet das (leider), dass gerade die Kunden, bei denen eine Versicherung am nötigsten wäre, ggf. gar nicht versichert werden.

  • Die Versicherungszusage kann jederzeit einseitig durch den Versicherer reduziert werden

Verschlechtert sich die Bonität oder das Zahlungsverhalten eines versicherten Kunden deutlich, wird der Versicherer die Versicherungssumme für diesen Kunden reduzieren oder gar ganz streichen. Das gilt dann zwar nur für zukünftige Geschäfte, es bedeutet aber, dass künftige Belieferungen nur noch in einem reduzierten Rahmen (Umsatzeinbußen) oder dann teilweise oder gänzlich auf eigenes Risiko erfolgen können. Mit einer Versicherungszusage ist also nicht in jedem Fall mittel- bzw. langfristig planbar.

  • Bei schwieriger werdenden Markt- und Rahmenbedingungen wird der Versicherungsschutz eingeschränkt

Versicherungsunternehmen reduzieren die Versicherungssummen über ganze Kundengruppen (regionale Märkte, Länder, Branchen etc.), wenn sich die konjunkturellen Marktdaten deutlich verschlechtern. In solchen Fällen kommt es zu prozentualen Verringerungen der Versicherungssummen bei allen versicherten Kunden, die zu der entsprechenden Kundengruppe gehören. Diese Reduktion ist dann völlig unabhängig von der Bonität des einzelnen Kunden. Das bedeutet, dass der Versicherungsschutz in Summe kleiner wird, wenn das Ausfallrisiko steigt.

  • Es erfolgt keine hundertprozentige Schadensregulierung

Die klassische Kreditversicherung ersetzt nicht den vollständigen Schaden im Falle einer Kundeninsolvenz. Das liegt daran, dass z.B. vertraglich vereinbart wird, dass der Versicherungsnehmer in jedem einzelnen Schadensfall einen Selbstbehalt übernehmen muss. Die Höhe des Selbstbehalts ist zwar verhandelbar, sie hat aber auch Auswirkungen auf die Höhe der Versicherungsprämie. (Wir kennen das z.B. von der Teil- oder Vollkaskoversicherung im Kfz-Bereich.) Je geringer der Selbstbehalt ist, umso teurer wird tendenziell die Versicherung.

Nun könnten Sie sich die provokante Frage stellen, ob es unter diesen Bedingungen überhaupt sinnvoll ist, eine Versicherung abzuschließen. Die eindeutige Antwort auf diese Frage lautet: „Das kommt darauf an.“ Je vielfältiger, kleinteiliger und gestreuter Ihre Kundenstruktur und Ihre Märkte sind, umso geringer ist für Sie das existenzielle Risiko von Forderungsausfällen. Wenn Sie dann noch ein professionelles und zuverlässiges Credit Management besitzen, dann können Sie tendenziell darüber nachdenken, auf ein Outsourcing des Ausfallrisikos zu verzichten.

Falls Sie allerdings eine geringe Kundenanzahl mit hohen Forderungsbeständen in volatilen Märkten aufweisen, ist das Risiko, dass Forderungsausfälle zur Bedrohung der eigenen Existenz führen können, hoch. Wenn Ihr Credit- und Forderungsmanagement dann noch deutlich verbesserungsfähig ist oder wenn Ihnen personelle Ressourcen dort fehlen, kann und wird eine Kreditversicherung einen Großteil des Risikos reduzieren helfen.

Und eine weitere gute Nachricht sollte Sie ermuntern, sich intensiver mit dem Abschluss einer Versicherung gegen Ausfallschäden zu befassen. Mittlerweile gibt es zahlreiche, unterschiedliche Versicherungslösungen, die einen Teil der o.g. Nachteile bzw. Einschränkungen kompensieren. An dieser Stelle kann beispielsweise die Excess-of-Loss-Versicherung (XL-, bzw. XoL-Versicherung) genannt werden.

Wie finden Sie die für Sie passende Versicherung?

Natürlich können Sie eine intensive Recherche im Internet vornehmen und dort die Webseiten durcharbeiten. Nach einer Vorauswahl nehmen Sie dann mit einer Handvoll Versicherungen Kontakt auf und vereinbaren Gesprächstermine. Zwei oder drei Ihrer Gesprächspartner bitten Sie dann anschließend, Ihnen ein Angebot zu unterbreiten. Von den eingehenden Angeboten wählen Sie dann anhand eines vorher festgelegten Kriterienkatalogs das Angebot aus, das diese Kriterien am besten erfüllt.

Wenn Sie so vorgehen, werden Sie im Ergebnis eine Versicherung haben. Sie haben aber keinesfalls die Gewähr, dass Sie in möglichst kurzer Zeit, die für Sie am besten passende Versicherung ausgewählt haben werden. Woran liegt das?

Wie schon eingangs geschrieben, ist das Marktangebot vielfältig und komplex. Hinzu kommt, dass Regelungen und Sprache der Versicherungsbranche sehr spezifisch und auch sehr juristisch sind. Wer weder im Bereich von Versicherungen noch in der Juristerei ausgebildet und erfahren ist, wird sich sehr schwer tun, die Angebote und deren Tragweite tatsächlich korrekt zu bewerten. Angebote und anschließende Verträge erstrecken sich in der Regel über viele DIN A4-Seiten. Das Lesen und Verstehen erfordern sehr viel Zeit und Energie.

Aber auch dafür gibt es eine sehr, sehr gute Lösung. Es gibt Spezialmakler, die sich auf Themen wie Kreditversicherung, Bürgschaften, Kautionsversicherung, Factoring etc. spezialisiert haben. Diese Makler kennen den Markt und die angebotenen Produkte. Die Spezialmakler sind in besonderem Maße bemüht, die für Sie am besten geeignete Lösung, die Sie vollständig überzeugt, zu finden. Dieses Engagement und diese Kundenorientierung resultieren u.a. daraus, dass dieser Makler lediglich im Erfolgsfall vergütet wird; und zwar vom Versicherer. Die Dienstleistung eines Maklers für Kreditversicherungen ist für Sie also kostenlos. Und das Schöne daran ist, Sie müssen ihm lediglich das Mandat für die Kreditversicherung erteilen. Mit allen anderen Versicherungen (Haftpflicht, Betriebsunterbrechung, etc.) können Sie weiterhin mit dem ggf. bereits vorhandenen Makler zusammenarbeiten.

Schutz vor Kundeninsolvenz: Ist das möglich, ist das nötig oder kann das weg?

Vor etwa einem Monat hat der KSV 1870 eine Hochrechnung veröffentlicht, nach der in den ersten drei Quartalen 2024 in Österreich 4.895 (+ 24,6 % gegenüber 2023) Unternehmen insolvent wurden. Auch die Zahl der Großinsolvenzen und die Höhe der Passiva* sind im betrachteten Zeitraum signifikant gestiegen.

Diese Zahlen verdeutlichen, dass nicht nur die Wahrscheinlichkeit einer Kundeninsolvenz deutlich zugenommen hat, sondern auch die Höhe des potenziellen Schadens. Für immer mehr Unternehmen, für Lieferanten und Dienstleister, stellt sich daher die Frage, wie sie sich vor der Insolvenz der Kunden und den damit einhergehenden Schäden schützen können.

100 Prozent Sicherheit: Das ist weder realistisch noch erstrebenswert

Es ist zwar die Aufgabe der verantwortlichen Leitungsgremien, ihr Unternehmen vor Risiken zu schützen und Schäden zu vermeiden, es ist aber nicht vollständig zu verhindern, dass ein Kunde im Verlauf einer Geschäftsbeziehung in die Insolvenz schlittert. Zwar können regelmäßig Bonitätseinschätzungen vorgenommen werden, die sich neben extern eingekauften Bonitätsauskünften von Experten auch auf interne Einschätzungen und Bewertungen stützen. In der Regel sind Insolvenzprognosen aber nicht mit hundertprozentiger Sicherheit zu treffen. Selbst erstklassige, beste Ratingeinstufungen unterstellen eine (wenn auch sehr geringe, aber doch existierende) Ausfallwahrscheinlichkeit.

Was jede bzw. jeder Credit Manager:in jedoch verhindern kann und verhindern muss, ist die Belieferung oder die Erbringung von Dienstleistungen auf Zahlungsziel, für Kunden, die sich bereits in der Insolvenz befinden oder öffentlich bekannt bzw. leicht erkennbar nur kurz davor stehen. Es ist die Aufgabe der Credit Manager:innen, Lieferantenkredite nur dort und nur in der Höhe zu gewähren, wo die entsprechende Kreditwürdigkeit des Kunden geprüft und in hohem Maße wahrscheinlich ist.

Wenn eine Kundeninsolvenz schon nicht zu verhindern ist, ist es dann wenigstens möglich zu verhindern, dass auf Gläubigerseite ein Schaden entsteht? Im Prinzip ja, aber …

Natürlich könnten Sie als Lieferant oder Dienstleister versuchen, für jede Lieferung, die Sie tätigen oder Leistung, die Sie erbringen eine Sicherheit zu beschaffen bzw. sich eine Sicherheit stellen zu lassen. Die Möglichkeiten dafür sind sehr vielfältig: Bürgschaften, Forderungsabtretungen, Sicherungsübereignungen, Versicherungen usw.

Aber: Sicherheiten zu beschaffen kostet Zeit und sehr häufig auch Geld. Da wir im Credit Management nicht nur effektiv, sondern auch effizient und wirtschaftlich handeln müssen, müssen Zeit- und Geldeinsatz in einer angemessenen Relation zu dem bestehenden Risiko bzw. zum Nutzen der Risikovermeidung stehen. Konkret bedeutet das, dass wir bei Bagatell- und Kleinaufträgen keinen Absicherungsaufwand betreiben dürfen, der die mit den Aufträgen verbundenen Margen wieder „auffrisst“. Jedes Unternehmen ist daher gut beraten, für sich eine Kredithöhe zu definieren, die Kunden (gerne in Relation zu deren Bonität) eingeräumt wird, ohne Sicherheiten dafür zu verlangen. Wie hoch diese „sicherheitenfreie Kreditlinie“ gewählt wird, hängen vom jeweiligen Geschäft und dessen Besonderheiten einerseits und der Risiko- bzw. Sicherheitsneigung der Verantwortlichen andererseits ab. Es ist weniger wichtig, auf welche konkrete Kredithöhe sich im Unternehmen dabei verständigt wird, viel wichtiger ist es, diese Diskussion zu führen, zu dieser Frage eine interne Transparenz herzustellen und eine Entscheidung zu treffen, die im operativen Alltag möglichst wenig Aufwand bei Kleinst- und Kleinaufträgen erzeugt.

Und was können wir jenseits unserer „Schmerzgrenze“ tun?

Wenn der potenzielle Schaden im Insolvenzfall eine Höhe erreicht, wo die ausfallenden Forderungen den Bereich des Ärgerlichen übersteigen und mehr als nur „Schmerzen“ verursachen, ist es unserer Meinung nach nötig, Maßnahmen zur Absicherung gegen die Schäden von Forderungsausfällen zu ergreifen. Insbesondere dann, wenn die mögliche Insolvenz eines Kunden, zur Existenzgefährdung des eigenen Unternehmens führen kann. Folgeinsolvenzen, also die Insolvenz eines Gläubigers, weil die Forderungen gegen den Schuldner aufgrund dessen Insolvenz ausgefallen sind, ereignen sich nämlich gar nicht so selten.

Das Risiko der Existenzgefährdung besteht immer dann, wenn die Forderungsstruktur des Gläubigers „kopflastig“ ist. Wenn einzelne oder wenige Kunden einen überproportional sehr hohen Anteil am Forderungsbestand aufweisen, ist Vorsicht geboten. Die Insolvenz eines solchen Kunden kann dann sehr schnell auch zur Zahlungsunfähigkeit des Gläubigers und damit zu dessen Insolvenz führen.

Die gute Nachricht dabei ist: Ein wirksamer Schutz gegen Ausfallschäden ist nicht nur nötig, sondern auch möglich.

Ob und in welcher Weise Sie sich gegen Forderungsausfallschäden versichern können, werden wir in Kürze in der Fortsetzung dieses Beitrags erläutern.

Einfach einmal Ruhe bewahren

In unserer Veröffentlichung am 02. Oktober 2024 mit dem Titel „Zahlungsmoral in Österreich sinkt stark“ haben wir die eine oder andere (lautstarke) Veröffentlichung, die suggeriert hat, dass sich das Zahlungsverhalten in der jüngeren Vergangenheit signifikant verschlechtert hat, relativiert. Wir haben Untersuchungsergebnisse wiedergegeben, dass sich die Dauer der vereinbarten Zahlungsziele in Österreich kaum geändert hat und der Zahlungsverzug (der B2G Bereich ausgenommen) sogar ein wenig kürzer geworden ist.

Nun hat der KSV 1870 in seinem „Austrian Business Check zur Zahlungsmoral 2024“ unsere Sicht durchaus bestätigt: „Jede sechste Rechnung wird in Österreich zu spät bezahlt. Dieser auch international gute Wert entspricht dem Vorjahresergebnis und zeigt, dass sich die Zahlungsmoral trotz multipler Krisenherde zuletzt nicht verschlechtert hat.“

Die Creditmanager:innen sollten daraus für sich den Schluss ziehen, dass die Situation sich nicht immer so einfach (im Sinne von simpel) darstellt, wie das in Krisenzeiten häufig/gerne kommuniziert wird. Kaum, dass die Rahmenbedingungen schwieriger werden, treten schnell „Schwarzseher“ oder „Übervorsichtige“ auf den Plan und verallgemeinern in Einzelfällen vermeintlich festgestellte allgemeingültige Phänomene. Deshalb sollten Creditmanager:innen auf solche Meldungen weder hektisch noch panisch reagieren und zunächst einmal „Ruhe bewahren“. Denn das Sprichwort sagt bereits: „In der Ruhe liegt die Kraft!“ Es ist ratsam, erstens genauer und zweitens einmal öfter hinzuschauen, bevor man übereilt falsche Entscheidungen trifft.

Und wenn man sich nicht sicher ist, wie man die Situation bei einem Kunden, in einer Branche oder auch einer Region bewerten soll, dann hilft es oft, wenn ein zweites oder auch ein drittes Paar Augen einmal draufschaut. Diese zusätzlichen Perspektiven und Einschätzungen können aus dem eigenen Unternehmen kommen (z.B. Vertrieb, Controlling oder Leitung). Sie können aber auch von Kolleg:innen, auch aus dem Kreis des BvCM Österreich, beispielsweise im Rahmen einer unserer virtuellen Stammtische, kommen.

In diesem Sinne: „Take a closer look!“

Was können wir uns leisten?

Welche Zahlungsziele Sie mit Ihren Kunden vereinbaren, hängt nicht nur von der Bonität des Kunden einerseits und den Markt- bzw. Vertriebsanforderungen andererseits ab, sondern ganz wesentlich auch von der wirtschaftlichen Lage des eigenen Unternehmens. Die Festlegung der Zahlungsbedingungen muss dabei eigene Umsatz-, Ertrags-, Liquiditäts- und Risikoaspekte möglichst gleichgewichtig berücksichtigen.

Die dauerhafte oder einseitige Missachtung einzelner Aspekte kann zu gravierenden Problemen führen. Es gilt daher, eine Gleichung mit den 4 Variablen zu optimieren, das bedeutet, dass diese Variablen nicht alle zeitgleich maximiert werden können.

In der betrieblichen Praxis bedeutet das, sich zunächst über die eigene wirtschaftliche Lage im Klaren zu werden. Dazu sollten Fragen wie: Was müssen/wollen wir erreichen? Wo haben wir Probleme? Was können/wollen wir uns leisten? Was besitzt Priorität?

In vielen Unternehmen liegt der Betrachtungs- und Steuerungsfokus „in guten Zeiten“ auf den Größen Umsatz und Ertrag. In diesen Zeiten neigen Unternehmen dazu, etwas höhere Risiken einzugehen. Denn die gute Umsatz- und Ertragslage kann schon den einen oder anderen überschaubaren Forderungsausfall verkraften.

Auch werden häufig nicht alle bestehenden Möglichkeiten „in guten Zeiten“ Liquidität zu generieren gänzlich ausgeschöpft. Es werden öfter schon einmal längere Zahlungsziele eingeräumt und die eine oder andere Mahnung wird später oder auch gar nicht geschrieben.

In Summe kann das dazu führen, dass Unternehmen dann in zunehmend schwieriger werdenden Zeiten feststellen müssen, dass sie vergleichsweise hohe Ausfallrisiken und tendenziell (zu) lange Forderungslaufzeiten in ihrem Kundenstamm „angesammelt“ haben.

Wenn sich beispielsweise hohe Ausfallrisiken angesammelt haben, kann es ratsam sein, auch einmal auf ein Geschäft zu verzichten, d.h. ein Geschäft nicht zu machen und damit gleichzeitig auf den verbundenen Umsatz und Liquidität zu verzichten, wenn die Bonität des Kunden schlecht ist und Absicherungsmöglichkeiten nicht bestehen.

Oder es ist durchaus überlegenswert, Geschäfte liquiditätsorientiert zu gestalten, wenn das eigene Unternehmen einen hohen Bedarf an zuverlässiger und schneller Liquidität hat. In einer solchen Situation kann es wirtschaftlich sehr sinnvoll sein, auf Umsatz und Ertrag zu verzichten, indem zu sehr günstigen Preisen die Geschäfte mit extrem schnellen Zahlungszielen abgeschlossen werden. In dieser Situation kann es dann tatsächlich ratsam sein und es kann außerdem sowohl für den Kunden als auch für den Lieferanten von Vorteil sein, „lieber gleich (zu) kassieren“.

Unsere wenigen, kurzen Ausführungen zu den Themen Zahlungsverhalten, Zahlungsmoral und Zahlungsbedingungen zeigen, wie komplex die damit verbundenen Fragestellungen sind. Es existieren dabei sehr viele Gestaltungsmöglichkeiten, die eine differenzierte Analyse der Kundensituation, der Markterfordernisse und der eigenen wirtschaftlichen Lage erfordern, um eine der Situation angemessene Lösung zu finden.

Es lohnt sich, nicht nur in Krisenzeiten, diesem Themenkomplex ein hohes Maß an Aufmerksamkeit zu schenken.

Lieber gleich kassieren

Im Credit Management ist es völlig unstrittig, dass die Gestaltung der Zahlungsbedingungen ein probates Mittel zur Reduktion von Forderungsausfallrisiken und zur Verbesserung der eigenen Liquidität darstellen. Regelmäßig werden beispielsweise sehr spät zahlende Kunden vom Credit Management auf Vorkasse gesetzt. Gleichwohl findet sich die Zuständigkeit und die Verantwortung für die Definition der Zahlungsbedingungen, die Kunden grundsätzlich und in jedem einzelnen Fall eingeräumt werden, sehr oft (aus unserer Sicht zu häufig ) zunächst ausschließlich im Vertrieb. Dies ist teilweise nachvollziehbar. Denn Zahlungsbedingungen beeinflussen nicht nur Ausfallrisiko und Liquidität, sondern auch Umsatz und Marktanteile. Sie stellen für den Vertrieb nicht selten ein wesentliches und sehr wirksames Verkaufsargument und eine Möglichkeit sich positiv vom Wettbewerb zu differenzieren dar. Zahlungsbedingungen sind in vielen Fällen branchenspezifisch gewachsen und bilden damit die grundsätzlichen (Finanzierungs-) Anforderungen der Branchen ab. In ähnlicher Weise beobachten wir sehr deutliche Unterschiede in den Zahlungsbedingungen unterschiedlicher Länder. Sie sind zentraler Bestandteil der Handelsusancen dieser Länder.

Kann es vor diesem Hintergrund richtig oder sinnvoll sein, seine Zahlungsbedingungen in schwierigen Marktbedingungen pauschal und reflexartig auf Vorauskasse, Direktzahlung oder kurze Zahlungsziele umzustellen? Unsere Meinung dazu heißt: NEIN!

Das Ausfallrisiko und das Zahlungsverhalten Ihrer Kunden sind ebenso wie deren Umsätze, Deckungsbeiträge und Dauer der Geschäftsbeziehung sehr unterschiedlich. Insbesondere im B2B-Geschäft sind die Geschäftsbeziehungen einzigartig und zwischen den Kunden kaum zu vergleichen. Dieser Fakt genügt bereits, um zu dem eindeutigen Ergebnis zu kommen, dass pauschale Empfehlungen und insbesondere deren Anwendung (nicht nur) in schwierigen Zeiten selten hilfreich und oft sogar schädlich sind. Credit Manager*innen wissen, dass stets nur eine tendenziell geringere Anzahl ihrer Kunden schlecht zahlen oder ein hohes Ausfallrisiko aufweisen. Das „Kind mit dem Bade ausschütten“ würde daher mehr schaden als nutzen.

Richtig und wichtig ist es aber, gewährte Zahlungsbedingungen in „Krisenzeiten“ zu hinterfragen und ggfs. zu verändern. Um die berechtigten Interessen von Credit Management und Vertrieb gleichermaßen zu würdigen, empfehlen wir, diese Neubewertung gemeinsam vorzunehmen. Neben der Beurteilung des gegenwärtigen und künftig zu erwartenden Ausfallrisikos, des Zahlungsverhaltens des Kunden, seiner Widerstandsfähigkeit in den bestehenden Rahmenbedingungen, muss zwingend auch sein Stellenwert für Umsatz, Ertrag, Marktpositionierung und Entwicklung des eigenen Unternehmens angemessen ins Kalkül einbezogen werden.

Bei wichtigen Kunden mit anhaltend guter Bonität und positiver Prognose dürfte ebenso wie bei kleinen Kunden mit anhaltend schlechter Bonität und negativer Prognose kaum Handlungsbedarf bzw. Dissens zwischen Vertrieb und Credit Management bestehen. Anders sieht es aber bei großen und wichtigen Kunden mit schlechter Bonitätsprognose und auch bei kleineren Kunden mit positiver Bonität und Prognose aus. Hier besteht Handlungsbedarf.

Bei größeren und wichtigen Kunden müssen Sie versuchen, die Ausfall- und Liquiditätsrisiken auf ein vertretbares Maß zu begrenzen, ohne dabei den Umsatz und die gewünschte Umsatzentwicklung zu beeinträchtigen. Bei Kunden, mit den Sie geringere Umsätze trotz guter Bonität tätigen, sollte Ihre Zielsetzung in einer Ausweitung der Geschäftsbeziehung bestehen, ohne dadurch das Risiko über ein vertret- und verkraftbares Maß hinaus zu steigern.

In beiden Fällen kann die Änderung der Zahlungsbedingungen ein Gestaltungselement sein, wobei lediglich bei den größeren Kunden mit zunehmendem Risiko eine Verkürzung der Zahlungsbedingungen überhaupt in Betracht gezogen werden sollte. Bevor Sie die Zahlungsziele jedoch reduzieren, denken Sie bitte daran, dass eine Verkürzung der Zahlungsziele gerade für Kunden, die sich in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage befinden, aus deren Perspektive sehr häufig keine Problemlösung, sondern eine Problemverschärfung darstellt. Die Verkürzung der Zahlungsziele erhöht den Liquiditätsbedarf, vergrößert die Liquiditätslücke zusätzlich und reduziert deren Möglichkeit Lieferanten pünktlich zu zahlen. Wegen dieser negativen Wirkung für Ihre Kunden sollten Sie die Verkürzung der Zahlungsbedingungen in den genannten Konstellationen eher als ultima ratio ansehen und zuvor andere Optionen nutzen.

Aber was genau können Sie tun? Zum einen können Sie versuchen, ihr Forderungsausfallrisiko besser als bisher abzusichern. Von diversen Versicherungsalternativen, über Forderungsabtretungen und Bürgschaften bis hin zu Sicherungsübereignungen gibt es vielfältige Möglichkeiten. Wichtig ist es, tatsächlich die gesamte Klaviatur der Möglichkeiten zu nutzen und sich nicht ausschließlich auf ein Instrument zu verlassen. Besonders zu erwähnen ist an dieser Stelle auch die Nutzung von Factoring. Factoring kann Lieferanten und Dienstleistern einerseits und deren Kunden andererseits in zweierlei Hinsicht helfen. Erstens wird beim Factoring das Ausfallrisiko einer verkauften Forderung zu 100 Prozent abgesichert. Zweitens erhält der Gläubiger in kürzester Zeit den Zahlungseingang, ohne dass dadurch zusätzlicher Liquiditätsdruck beim Schuldner aufgebaut wird. Vorteilhaft am Factoring ist außerdem, dass die konkrete Ausgestaltung mittlerweile derart vielfältig und variantenreich ist, dass es nahezu für alle Anwendungskonstellationen eine passende Lösung gibt.

Was im gesamten Spektrum der Möglichkeiten aber die adäquate Lösung aus Sicht des Gläubigers ist, hängt nicht nur von der Bonität des Kunden und den Möglichkeiten der Marktangebote ab. Auch die Situation und die Lage des Lieferanten oder Dienstleisters spielt eine ganz entscheidende Rolle für die „richtige“ Wahl der Handlungsoptionen. Dazu erfahren Sie mehr in unserer nächsten Veröffentlichung.