Tue Gutes und rede darüber!

Der KSV 1870 wirft in seinem aktuellen Newsletter vom 28. März 2025 die Frage auf, ob Unternehmen mit ihrer (guten) Bonität werben sollten. Fast selbstverständlich kommt die Autorin Sandra Kienesberger zu dem Schluss: „Ja, warum eigentlich nicht?“

Sie argumentiert, dass eine gute eigene Bonität als Marketinginstrument eingesetzt werden kann und – nach den Erfahrungen des KSV 1870 – in Österreich auch zunehmend eingesetzt wird. Die Einstellung „meine Bonität geht niemanden etwas an“ scheint demnach nicht mehr weit verbreitet zu sein. Vielmehr ist die Kommunikation der eigenen Bonität bei etablierten Unternehmen im Rahmen des Risikomanagements als „state of the art“ zu bezeichnen. Der KSV 1870 bietet dazu das „Produkt“ BonitätsLabel an.

Reden ist Silber, Schweigen ist Gold?

Unabhängig davon, ob Sie ein Angebot wie das BontätsLabel für die Kommunikation mit Ihren Kunden oder Lieferanten nutzen, sind wir der Meinung, dass eine offene und transparente Kommunikation mit Kunden und Lieferanten gerade in Zeiten schwieriger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen erfolgsentscheidend ist. Je schwieriger die Handlungsbedingungen auf den Märkten werden, desto wichtiger wird eine vertrauensvolle und offene Kommunikation. Und Vertrauen setzt valide Informationen voraus.

Teilen wir mit wichtigen Kunden und mit wichtigen Lieferanten die Informationen, die die Grundlage unserer Entscheidungen bilden: Sprechen wir offen über Bonitäten, Kreditlimits, Versicherungszusagen etc. Unsere Kunden werden unsere Entscheidungen besser nachvollziehen können, wenn sie wissen, dass wir die zur Verfügung gestellte Kreditlinie von der Bonität des Kunden und ggf. von Versicherungszusagen einer Warenkreditversicherung abhängig machen. Wenn wir dann auch noch zeitnah mit unseren Kunden über Veränderungen dieser Größen sprechen und die betriebswirtschaftlichen Gründe für diese Veränderungen kennen, werden unsere Entscheidungen nachvollziehbarer.

Sie können dann leichter akzeptiert werden und damit wird dann die Grundlage für eine weitere tragfähige Zusammenarbeit geschaffen. Manchmal ist es dann also doch besser zu Reden, als zu Schweigen.

Es ist nicht alles Gold, was glänzt!

Wir Creditmanager haben alle schon mehr oder weniger oft die Erfahrung gemacht, dass es manchmal sinnvoll ist, Informationen – auch von etablierten Auskunfteien – zu hinterfragen. Wir alle kennen die Problematik der sogenannten Alpha- und Beta-Fehler. Manchmal stellen wir dann tatsächlich fest, dass so mancher Glanz bei näherem Hinsehen verblasst. Oder auch, dass sich unter einer angestaubten Oberfläche viel Glanz verbergen kann.

Und was bedeutet das nun für Credit Manager*innen im Hinblick auf das BonitätsLabel des KSV 1870?

Zunächst einmal: Wenn Kunden oder Lieferanten ein solches Label besitzen und verwenden, ist das für das Credit Management willkommen. Es erspart uns Arbeit, da wir sehr schnell und einfach auf den aktuellen Bonitätsstatus des Geschäftspartners zugreifen können. Die „gewonnene“ Zeit können wir dann unter anderem für die Analyse und Hinterfragung des Ergebnisses nutzen. Oder wir können die freie Kapazität nutzen, um mit dem Kunden oder auch Lieferanten über das jeweilige Ergebnis und die sich daraus ergebenden Konsequenzen zu sprechen.

Zweitens: Nicht jeder Kunde oder Lieferant, der nicht über ein solches Label verfügt, ist per se ein schlechter Geschäftspartner. Denn zum einen ist das Bonitätslabel noch nicht lange genug auf dem Markt (zwei Jahre), um eine breite Durchdringung und Verbreitung erreicht zu haben. Zum anderen muss nicht jeder potenzielle Geschäftspartner zu dem Schluss kommen, dass er ein solches Label benötigt, um seine Bonität und Kreditwürdigkeit zu kommunizieren. Das Phänomen der so genannten „Hidden Champions“ zeigt, dass Spitzenleistungen auch ohne große Bühne und ohne öffentliche Darstellung zu finden sind. Möglicherweise gibt es mehr „Hidden Bonitäts Champions“ als wir denken.

Drittens: Wir Credit Manager*innen sollten uns vor der „Komfortfalle“ in Acht nehmen. Es besteht eine gewisse Tendenz, die bloße Existenz des Bonitätslabels mit der Zeit als ausreichend zu betrachten und die Bonität nicht mehr genauer unter die Lupe zu nehmen. Diese Gefahr wird umso größer, je mehr Anbieter solche Labels kreieren und vermarkten. Sollte die Zahl der „Bonitäts-Labels“ zunehmen, könnte es immer schwieriger werden, „hinter das Label“ zu schauen (um vielleicht den einen oder anderen verborgenen Schatz zu entdecken).

Quintessenz?

Das Angebot des BonitätsLabel ist aus unserer Sicht zu begrüßen. Wer eine gute Bonität hat, sollte gerne damit „werben“. Für Credit Manager*innen ist ein Bonitätslabel ein erstes Indiz für eine gute Geschäftsbasis. Es erspart uns aber nicht, „hinter das Label“ zu schauen und uns intensiv mit dem Geschäftspartner und seiner Bonität zu beschäftigen. Zumindest nicht bei den wichtigen Geschäftspartnern. Und es gibt uns immer wieder die Möglichkeit und sollte Ansporn sein, mit unseren Geschäftspartnern auch über vermeintliche Tabuthemen mehr und intensiver zu sprechen.

Mahnen – das Praxismotto: Besser spät als nie!

Die Frage nach dem Zeitpunkt der ersten Mahnung (und natürlich auch der danach folgenden weiteren Mahnungen) wird in der betrieblichen Praxis sehr unterschiedlich beantwortet. Nach wie vor finden wir sehr häufig Regelungen, die das Mahnen auf einen bestimmten Wochentag oder einen Kalendertag in einem ein- oder mehrwöchigen Rhythmus festlegen.

Mit solchen Festlegungen sind dann vordergründig zwei Auswirkungen regelmäßig anzutreffen:

  1. Die Anzahl der pro „Mahnlauf“ zu bearbeitenden Mahnfälle wird ziemlich groß.
  2. Die Neigung sich diesem Arbeitsberg anzunehmen, schwindet bei den Beschäftigten mit zunehmender Fallzahl.

Darüber hinaus hat eine solche Festlegung aber noch einen weiteren Effekt: Da die Mahnungen nicht unmittelbar nach Fälligkeit erstellt/vorgenommen werden, erscheint es weniger problematisch noch einen Tag oder mehrere Tage später die Mahnungen erst zu bearbeiten. Es ist ja sowieso schon ein gewisser „Zeitverzug“ entstanden. Daher werden -besonders dann, wenn es personelle Engpässe in Kombination mit anderen dringenden oder wichtigen Aufgabenstellungen gibt- die Mahnaktivitäten weiter nach hinten verschoben. Und das häufig nicht nur einmal; in ungünstigen Fällen wieder und wieder…

Ein anderer Sachverhalt führt in gleicher Weise dazu, dass geplante Mahnaktivitäten nicht wie vorgesehen durchgeführt werden. In sehr vielen Unternehmen ist die Aufgabe zu mahnen lediglich einer Person (in Kleinunternehmen) oder sehr wenigen Personen (in mittelständischen Unternehmen) zugewiesen. Im Abwesenheitsfall bleiben diese Arbeiten dann aus quantitativen und aus qualitativen Gründen liegen. Einerseits kann das „große“ Mahnaufkommen dann von Kolleg*innen nicht noch zusätzlich erledigt werden. Andererseits sind aber auch Wissen und Informationen (sowohl Fachwissen als auch die Kenntnis der internen Abläufe und der Bearbeitungsstände) zur effizienten Bearbeitung der Vorgänge bei den Vertreter*innen oft nicht vorhanden.

Warum wird eigentlich in bestimmten zeitlichen Rhythmen/Zyklen gemahnt?

Unserer Meinung nach ist diese Art der Arbeitsorganisation ein Relikt aus der Vergangenheit. Noch bis in die 80er und 90er Jahre des letzten Jahrhunderts war die IT-Unterstützung in den Unternehmen mit der heutigen Leistungsfähigkeit der kaufmännischen Systeme nicht annähernd vergleichbar. Sowohl bei der Verarbeitung der Fakturierung als auch bei der Gutschrift von Zahlungseingängen im Debitorenkonto war die Batch-Verarbeitung üblich. Das heißt, in i.d.R. nachts laufenden Jobs wurden die zuvor erfassten Daten in einer Stapelverarbeitung in den Debitorenkonten aktualisiert. Diese Art der Datenverarbeitung hatte die Konsequenz, dass im Zweifel die Datenbestände in der Debitorenbuchhaltung nur zu Tagesbeginn aktuell waren.

Auch der Vorgang zur Erstellung von Mahnschreiben konnte nicht „einfach“ im Verlauf des Tages von den zuständigen Mitarbeitenden angestoßen werden. Mahnschreiben wurden als Batch-Job terminiert und sind dann zum festlegten Zeitpunkt nachts erstellt worden. Sie konnten dann am Folgetag per Post verschickt werden. Es sind in der Praxis Fälle bekannt, in denen der sogenannte Mahnlauf auf zwei Jobs in zwei aufeinander folgenden Nächten aufgeteilt werden musste. Die Rechnerleistung einerseits und die Vielzahl der nachts laufenden Jobs andererseits führten dazu, dass nicht genügend Zeit in einer Nacht verfügbar war.

Aber diese Bedingungen sind nicht mehr vorhanden: Kundendaten sind stets aktuell. Rechnungen, Gutschriften und Zahlungseingänge werden mittlerweile sofort im Kundenkonto eingebucht. Mahnungen können mit wenigen Klicks innerhalb weniger Minuten erstellt und dezentral gedruckt oder per E-Mail verschickt werden. Es ist also nicht mehr erforderlich in festgelegten zeitlichen Abständen oder zu einheitlichen Terminen zu mahnen. Es kann jederzeit, ohne großen Aufwand betreiben zu müssen, gemahnt werden. Es ist also nicht mehr nötig, nur an bestimmten Tagen nach definierten Zeitspannen zu mahnen.

Ein weiterer Grund für spätes Mahnen: Karenztage!

In den betrieblichen Mahnprozessen finden sich sehr oft sogenannte Karenztage. In den DV-Systemen wird eine Zeitspanne eingerichtet, die fällige Zahlungen erst nach Ablauf der festgelegten Frist in den Mahnlauf einbezieht. Dort, wo mehrere außergerichtliche Mahnschreiben verschickt werden, finden sich diese Karenztage dann in der Regel noch einmal nach jeder Zahlungsfrist, die den Kunden im Mahnschreiben „neu“ gesetzt werden.

Warum es diese Karenztage gibt, das ist leicht zu erklären. In der Vergangenheit war pünktliches Bezahlen einer Rechnung schon dann erreicht, wenn der Schuldner, den Rechnungsbetrag am Fälligkeitstag angewiesen (also auf die „Reise“ geschickt) hatte. Das hat sich vor einiger Zeit bereits geändert. Eine Zahlung ist nur noch dann pünktlich, wenn sich das Geld am Fälligkeitstag in der Verfügungsmacht des Gläubigers befindet. Es ist in vielen Fällen daher nicht mehr erforderlich, Geldtransferzeiten (Banklaufzeiten) als Puffer einzukalkulieren. Zumal seit der Umsetzung von SEPA die Banklaufzeiten im SEPA-Raum einheitlich nur einen Tag betragen dürfen. Mit der jüngsten Entwicklung (für Echtzeitüberweisungen dürfen keine höheren Gebühren als für Standardüberweisungen erhoben werden) ist es auf absehbare Zeit sogar möglich, einen Geldtransfer innerhalb von 10 Sekunden vorzunehmen. Dieser Grund für Karenztage ist also zwischenzeitlich entfallen.

Ein weiterer (früher nachvollziehbarer) Grund findet sich in den IT-Prozessen. Wurden früher Kontoauszüge per Briefpost oder per Bote/Abholer vom Kreditinstitut zum Bankkunden transportiert, stehen heute alle Bankauszüge online zur Verfügung. Auch die Verarbeitung der Zahlungseingänge hat sich verändert. Während früher Kontoauszüge aufwendig abgetippt und manuell gebucht werden mussten, findet sich heute in der weit überwiegenden Zahl der Unternehmen die“ automatische Bankbuchung“. Oft können so 80 – 90 Prozent dieser Buchungssätze automatisch generiert werden. Weitere Entlastung und Beschleunigung verspricht die europaweit bevorstehende (teilweise bereits realisierte) verbindliche Einführung der E-Rechnung. Auch diese Begründung für Karenztage ist also zwischenzeitlich entfallen.

Auch bei dem letzten nachvollziehbaren Grund für die Nutzung von Karenztagen sind mittlerweile gravierende Veränderungen eingetreten. Oft wurden Karenztage auch damit begründet, dass Zahlungen ggf. innerhalb einer sehr kurzen Frist nach Fälligkeit eingehen. Ein Mahnprozess ohne Karenztage würde in diesen Fälle unnötige Portokosten verursachen; es wäre also schlichtweg Geldverschwendung. Mittlerweile ist aber nicht nur der Rechnungsversand, sondern auch der Versand von Mahnungen via E-Mail oder auch unter Nutzung von Messengerdiensten weit verbreitet. Da nahezu alle Unternehmen Flatrate-Verträge für ihre elektronische Kommunikation haben, verursachen Mahnungen keine „Portokosten“.

Personalmangel, ein Grund für spätes oder ausbleibendes Mahnen

Sowohl quantitativ als auch qualitativ fehlt es häufig an Personal im Verwaltungsbereich der Unternehmen. Je kleiner die Unternehmen sind, umso stärker fallen unerwartete und anhaltende Vakanzen ins Gewicht. Als Folge dieses Mangels werden Arbeiten verschoben oder auch gar nicht mehr ausgeführt. Damit begeben sich dann viele KMU in einen Teufelskreis: Je seltener gemahnt wird, umso größer wird der Arbeitsberg, der beim Mahnen dann zu bewältigen ist. Je größer der Arbeitsberg ist, desto mehr Arbeitszeit wird beansprucht. Diese Arbeitszeit ist aber nicht vorhanden, also wird die Bearbeitung wieder in die Zukunft verschoben: eine durch die Umstände erzwungene Form der Prokrastination.

Aber auch für dieses Problem gibt es mittlerweile Lösungen. Dank leistungsfähiger IT-Lösungen und komfortablen Möglichkeiten des Datenaustausches, können für die Durchführung von Mahnungen entsprechend spezialisierte Dienstleistungsunternehmen beauftragt werden.

Beim (ggfs. temporären) Outsourcing des Mahnens können die Auftraggeber den Mahnprozess sehr stark auf ihre spezifischen Bedingungen und Wünsche anpassen (lassen). Die Dienstleister stellen sogenannte Whitelabel-Lösungen zur Verfügung. Das bedeutet, dass die Mahnungen genauso gestaltet werden, dass der Schuldner gar nicht erkennen kann, dass die Mahnung von einem Dienstleister erstellt und verschickt wurde. Selbstverständlich kosten solche Dienstleistungen Geld. Aber, das Angebot ist überraschend preisgünstig. Und allemal kostengünstiger, als einen Großteil der überfälligen Außenstände abzuschreiben.

Nachdem die Gründe für einen späten Start des Mahnprozesses mittlerweile nahezu ausnahmslos entfallen sind. Sollte das Motto für den Start des Mahnprozesses also besser lauten:

Je früher, desto besser!

Jeder Tag, den Sie nach Eintritt der Fälligkeit auf Ihre Zahlungseingänge warten, kostet Sie Liquidität und verursacht ggfs. vermeidbaren Finanzierungsaufwand. Beides können Sie durch zeitnahes Mahnen, unmittelbar nach Eintritt der Fälligkeit in Ihrem Sinne beeinflussen.

Wenn Sie Ihre säumigen Kunden täglich, am Folgetag der Fälligkeit mahnen, verdeutlichen Sie Ihren Kunden:

  • Pünktliche Bezahlung ist für Sie wichtig. Vereinbarte Zahlungsziele haben für Sie einen hohen Stellenwert.
  • Dem Kunden eingeräumte Zahlungsziele sind von Ihnen kalkulatorisch eingerechnet. Es handelt sich nicht um „willkürliche“ Entscheidungen; es sind keine Giveaways, sondern handfeste betriebswirtschaftliche Größen.
  • Ihre Prozesse sind zuverlässig, Sie achten auf alle kaufmännischen Aspekte. In Ihrem Unternehmen wird nichts verschwendet.

Das alles führt dazu, dass Sie in Ihrer Argumentation glaubwürdig und authentisch vom Kunden wahrgenommen werden. Der Kunde erkennt, dass pünktliches Zahlen wichtig ist. Er merkt, dass Sie das zeitnah beobachten. Und er lernt, dass ihm das versehentliche oder auch absichtliche Hinauszögern von Zahlungen keine Vorteile bringt. Mittelfristig wird sich die „Zahlungstreue“ der Kunden verbessern und damit der Gesamtaufwand für das Mahnen bei Ihnen reduzieren.

Mahnen: Eine lästige Übung oder After-Sales-Marketing?

Die Antwort auf diese Frage ist leider nicht eindeutig. Sie lautet wie so häufig: „Es kommt darauf an.“ Und zwar darauf, um welchen Kunden es sich handelt. Und damit auch darauf, welchen Stellenwert der Kunde für Ihr Unternehmen hat. Im Vertrieb strukturieren Sie Ihre Kunden seit Jahren oder gar Jahrzehnten in A-, B- oder C-Kunden. Eine solche Einteilung hat sich im Credit Management noch nicht auf breiter Basis durchgesetzt. Leider werden – zumindest, wenn es um das Mahnen geht – die Kunden meist danach differenziert, wie lange die Forderungen unbezahlt geblieben sind. Noch immer sind mehrere außergerichtliche Mahnungen üblich; in der Praxis finden sich häufig derer drei. Wenn es dann schlecht läuft, erhalten A-Kunden (die seit Jahren ihre Rechnungen pünktlich begleichen und nur einmal versehentlich eine kleine Rechnung übersehen) das gleiche Mahnschreiben, das auch kleine Einmalkunden erhalten. Während beim A-Kunden die Mahnung After-Sales-Marketing sein könnte – oder besser gesagt sein müsste -, handelt es sich bei dem kleinen Einmalkunden tendenziell eher um eine „lästige Übung“.

Differenzieren Sie Ihr Mahnkonzept auch nach dem Stellenwert, den Ihre Kunden für Ihren wirtschaftlichen Erfolg haben.

Sie können sicher sein, dass jeder ihrer A-Kunden seinen Stellenwert für Ihr Unternehmen kennt. Und sehr wahrscheinlich wird jeder A-Kunde auch gerne entsprechend diesem Stellenwert behandelt werden wollen. Und diese Erwartung hegen diese Kunden nicht nur, wenn es Ihnen darum geht neue Aufträge bei den Kunden zu platzieren. Die A-Kunden möchten in jeder Hinsicht als A-Kunden behandelt, quasi „hofiert“ werden. Auch im Mahnwesen gilt daher grundsätzlich (zumindest bei langjährigen und wichtigen Kunden): „Der Kunde ist König.“

Am anderen Ende der Stellenwert-Skala finden Sie Kunden, die ggfs. eher zufällig bei Ihnen gekauft haben, die keinerlei Beziehung und Bindung zu Ihrem Unternehmen aufweisen und deren Nachfragevolumen für Ihr Unternehmen von sehr geringer Bedeutung ist. Wenn diese Kunden ihre Rechnungen nicht pünktlich bezahlen, dann sind die Gründe beim Kunden dafür sehr häufig:
– mangelnde Verlässlichkeit der internen Verwaltungsprozesse beim,
– der Versuch, einen möglichst lang andauernden und kostenlosen Lieferantenkredit zu erhaschen,
– eine temporär unzureichende Liquidität,
– die Hoffnung „übersehen“ zu werden oder
– der Wunsch, dass Ihnen die Forderung zu gering ist und Sie daher auf Mahnaktivitäten verzichten.

Die Schilderung der extremen Endpunkte in der Stellenwert-Skala der Kunden verdeutlicht, dass eine entsprechende Differenzierung der Mahnaktivitäten sinnvoll und ratsam ist.

One face to the customer: Wer soll die Schlechtzahler mahnen?

In der Praxis ist die Aufgabe zu mahnen noch immer sehr häufig und oft ausschließlich der Mahnabteilung, dem Debitorenmanagement oder allgemeiner der kaufmännischen Verwaltung zugeordnet. Teilweise gewinnt man gar den Eindruck, dass die Aufgabe zu mahnen, wie in einem „Schwarzer Peter Spiel“ der Stelle zugeordnet (oder zugeschoben?) wird, die sich am schlechtesten dagegen wehren kann.

Wenn die Aufgabe in dieser Art und Weise verteilt wird, dann darf es uns aber auch nicht wundern, wenn die dann zuständigen Akteure ihre Arbeit mit „wenig Herzblut und Feingefühl“ ausführen. Darüber hinaus dürfen wir nicht erwarten, dass diese Mitarbeitenden dann das Wissen, die Erfahrung und alle relevanten Informationen besitzen, um wichtige Kunden adäquat zu mahnen. Die zuständigen Mitarbeitenden aus dem Vertrieb, die Key-Account Manager, kennen ihre Kunden sehr gut, sie wissen, wen sie in welcher Angelegenheit ansprechen sollten und – vor allem – sie wissen sehr genau, welche Projekte aktuell mit dem Kunden laufen bzw. mit ihm geplant sind. Aus diesen Gründen wird eine Mahnung durch den zuständigen Vertriebler wesentlich effektiver, aber auch wesentlich reibungsloser verlaufen als eine Mahnung durch die Buchhaltung.

Unter dem Aspekt der Effektivität kann es im Umkehrschluss nicht sinnvoll sein, wenn Mitarbeitende aus dem Vertrieb die Kunden „am anderen Ende der Fahnenstange“ mahnen. Hier besitzenden Mitarbeitende aus dem Vertrieb keinerlei Wissens-, Erfahrungs- oder Informationsvorteile gegenüber Mitarbeitenden im Finanzbereich. Daher sollten diese Kunden auf jeden Fall vom Debitoren- oder Forderungsmanagement bzw. der Mahnabteilung gemahnt werden. Sofern es sich tatsächlich um schlecht bzw. verspätet zahlende Einmalkunden handelt, besteht mit entsprechender Softwareunterstützung sogar die Möglichkeit, diese Kunden vollautomatisiert ohne Eingriff und Aktivität von Mitarbeitenden zu mahnen.

Natürlich besteht Ihre Kundschaft nicht nur aus den beiden geschilderten Extremen. Die größte Anzahl Ihrer Kunden dürfte irgendwo dazwischen einzusortieren sein. Entscheidend ist, dass Sie jedem Kunden bzw. jeder klar abzugrenzenden Kundengruppe eindeutig die verantwortliche Stelle oder Person für Mahnungen zuordnen. Bei dieser Aufgabenverteilung können Sie folgende Aspekte in Betracht ziehen:

  1. Je größer, wichtiger, „älter“ und potenzialträchtiger Ihr Kunde ist, umso vertriebsnäher und höher in der eigenen Unternehmenshierarchie sollte die Zuständigkeit für die Mahnung angesiedelt sein.
  2. Je höher der Stellenwert Ihres Kunden ist und je komplexer die Geschäftsbeziehung zum Kunden ist, umso wichtiger ist es alle Facetten der Geschäftsbeziehung beim Mahnen zu kennen und zu berücksichtigen.
  3. Je fragiler und komplizierter Ihre Beziehung zum Kunden ist, umso feinfühliger und individueller muss das Mahnen gestaltet werden.
  4. Je wertvoller Ihr Kunde wirtschaftlich für Sie ist, umso mehr Aufwand dürfen und sollten Sie auf das Mahnen verwenden.

„Am Ende des Tages“ sollte in Ihrem Unternehmen eindeutig geregelt sein, welche Stelle für das Mahnen jedes Kunden zuständig ist.

Mahnen: Effektiv oder effizient?

Diese Frage gipfelt in der Praxis häufig in der Entscheidung, entweder telefonisch oder aber schriftlich zu mahnen. Während eine telefonische Mahnung nachgewiesenermaßen wesentlich erfolgreicher ist, ist der Aufwand für eine schriftliche Mahnung deutlich geringer; wenn Sie moderne Credit Management Software nutzen, können Sie den laufenden Aufwand für schriftliche Mahnungen nahezu auf „null“ reduzieren.

Die Entscheidung, ob Sie telefonisch oder schriftlich mahnen sollten, folgt den gleichen Kriterien, die bei der Entscheidung, wer die säumigen Zahler mahnen sollte, zugrunde gelegt wurden. Das heißt, je wichtiger der Kunde, je höher der fällige Betrag und je komplexer das zugrunde liegende Geschäft sind, umso wichtiger ist es, telefonisch – im Zweifel sogar im persönlichen Gespräch – zu mahnen.

Der Ton macht die Musik!

Das Bemühen um eine möglichst hohe Effizienz im Mahnprozess gipfelt häufig in der Erstellung eines (oder mehrerer) Standardschreiben. Es dürfte auf der Hand liegen, dass solche Standardschreiben kaum den unterschiedlichen Gegebenheit der Geschäftsbeziehung zu den Kunden gerecht werden können.

Es ist wahrscheinlich offensichtlich, dass wir Kunden, die lediglich einmalig vergessen haben, ihre Rechnung pünktlich zu zahlen, anders ansprechen sollten als Kunden, die sich in (vorübergehenden) wirtschaftlichen Schwierigkeiten befinden. Kunden, die gar in voller Absicht und regelmäßig unpünktlich zahlen, weil Sie den Lieferantenkredit möglichst lange unentgeltlich in Anspruch nehmen wollen, erfordern eine weitere, abweichende Ansprache.

Es sollte auch nicht überraschen, dass Schuldner, die Verbraucher sind, andere Problemstellungen haben als B2B-Kunden. Auch Sie sollten in einer angepassten Tonalität adressiert werden.

Last but not least sollten wir beim Mahnen auch auf kulturelle Unterschiede unserer Kunden achten. Neben der entsprechenden Sprache sollten im Export auch kulturelle Besonderheiten so weit als möglich ins Kalkül und in die Gestaltung der Mahnung einbezogen werden.

Ein Mehr an Komplexität fördert die Effektivität und die Effizienz

Wenn Sie Ihr Mahnkonzept anhand der oben genannten drei Kriterien differenzieren, dürfte Ihr Konzept und Ihr Prozess komplexer und differenzierter werden, als in jedem Fall drei aufeinanderfolgende, mahnstufenabhängige Standardschreiben zu verschicken. Da Sie aber kundenspezifischer agieren, wird der Erfolg Ihrer Mahnaktivitäten steigen. Durch die Fokussierung auf die wichtigen Kunden und die wichtigen Außenstände einerseits und die klare interne Arbeitsteilung und Kompetenzabgrenzung wird aber auch die Effizienz gesteigert werden.

Ein differenziertes Mahnkonzept wird dann sicherlich keine lästige Übung mehr sein. Stattdessen werden Sie das Mahnen als After-Sales-Marketing und Beziehungspflege zum Kunden etablieren.

Mahnen: „Wer ein WARUM hat, dem ist kein WIE zu schwer.“ [Friedrich Nitzsche]

Gerade dann, wenn Sie Veränderungen in der Art und Weise, wie Sie Ihre säumigen Kunden mahnen vornehmen wollen (oder auch müssen), ist es wichtig, allen Beteiligten mitzuteilen, warum Sie das machen. Wenn Ihre Mitarbeiter*innen und Ihre Kund*innen verstehen und nachvollziehen können was Ihre Beweggründe und Ihre Zielsetzungen sind, dann wird die Umstellung schneller und mit deutlich weniger Aufwand gelingen.

Nehmen Sie alle intern involvierten Personen mit, wenn Sie ein strukturiertes und differenziertes Mahnkonzept für Ihr Unternehmen entwickeln.

Nach unserer Erfahrung gibt es kein Unternehmen, das vollständig darauf verzichten würde, ausstehende Zahlungen anzumahnen. Häufig sind die Verfahrensweisen und Prozesse aber über Jahrzehnte gewachsen und wurden nicht grundsätzlich hinterfragt. Das führt dazu, dass in den Unternehmen oft niemand mehr weiß, warum bestimmte Dinge gemacht werden, wie sie gemacht werden. Aber es gibt eine geübte Praxis, die ein hohes Maß an Selbstverständlichkeit und Routine besitzt. Das gibt allen beteiligten Mitarbeiter*innen ein hohes Maß an Sicherheit. Ihre geplante Veränderung bedeutet daher zunächst einmal mehr Unsicherheit. Allein daraus resultieren häufig schon Abwehrhaltungen bei den Beteiligten.

Da durch Ihr neues Mahnkonzept auch nicht ausgeschlossen ist, dass sich Arbeiten, Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten verlagern können, ist nach unserer Erfahrung die Haltung vieler Mitarbeiter*innen zunächst skeptisch, abwehrend oder gar widerständig.

Employees first! Identifizieren Sie Ihre internen Stakeholder.

Wir sind der Meinung: Mahnen ist eine Gemeinschaftsaufgabe; mahnen ist Teamwork. In der Praxis erleben wir es häufig, dass die Aufgabe zu mahnen an einzelne Personen oder Stellen delegiert wird. Häufig sind es Mitarbeiter*innen in der Debitorenbuchhaltung. Genauso häufig besitzen diese Mitarbeiter*innen dann aber nicht die Kompetenz die damit verbundenen Entscheidungen eigenverantwortlich zu treffen. In der Regel will die Geschäftsleitung und zumindest der Vertrieb dann im Einzelfall noch „ein Wörtchen mitreden“. Aber auch andere Stellen, wie z.B. die Qualitätssicherung im Fall von Reklamationen sind involviert. Im Grunde genommen interessieren sich Ihre Kunden nämlich nicht für Ihre internen Zuständigkeitsregelungen. Sie sprechen mit den Kontakten zu Ihrem Unternehmen, mit denen sie die engsten und besten Beziehungen haben. Manchmal nutzen die Kunden aber auch einfach den Kontakt, der sich zufällig (bei anderer Gelegenheit) ergibt.

Diese „Beliebigkeit“ in der Kunden- und Mahnkommunikation führt dann dazu, dazu die Positionen, die gegenüber den Kund*innen vertreten werden häufig nicht homogen sind. Nicht selten vertreten Finanzbereich und Vertrieb unterschiedliche Positionen in der Frage des pünktlichen Zahlens offener Rechnungen. Das Resultat daraus ist: „Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte.“ Die Kund*innen orientieren sich dann selbstverständlich an den Aus- oder Zusagen, die ihnen am gelegensten sind. Daher sollte in Ihrem Unternehmen auch bezogen auf das Mahnen gelten „one face to the customer“.

Gemeinsam statt einsam!

Eine tragfähige Mahnkonzeption wird sinnvollerweise nicht im „Elfenbeinturm“ der Geschäftsführung oder des Credit Managements entwickelt, sondern gemeinsam mit den beteiligten Mitarbeiter*innen. Positionen, die intensiv diskutiert wurden, in die jede*r seine Meinung einbringen konnte, können dann später in der Praxis selbstverständlicher und selbstbewusster kommuniziert und vertreten werden. Außerdem entsteht dadurch ein viel besseres Verständnis für die gegenseitigen Sicht- und Verhaltensweisen.

First Things First!

Bevor Sie sich in den Detailfragen von Abläufen, Zuständigkeiten, Daten und Einzelfällen verlieren, sollten Sie eine gemeinsames Bewusstsein und eine gemeinsame Überzeugung schaffen, warum Sie Ihre Kunden mahnen und welche Ziele Sie mit der Reorganisation Ihrer Mahnprozesse verbinden.

Bei der Frage nach dem WARUM stellen wir häufig fest, dass sehr schnell juristisch argumentiert wird: „Es wurde ein Vertrag geschlossen. Der Zahlungstermin ist rechtsverbindlich vereinbart. Und bei Nichtzahlung besteht das Recht, Verzugsschaden geltend zu machen.“ Das ist alles richtig, unserer Meinung nach zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht angemessen. Denn in erster Linie haben wir mit unseren Kund*innen doch eine kaufmännische Beziehung. Die Kund*innen wollen von uns erstklassige Produkte oder Dienstleistungen beziehen und wir möchten unseren Aufwand und unsere Leistung angemessen entlohnt bekommen. Und: Wir wollen eine dauerhafte Kundenbeziehung aufbauen. Daher sind die Gründe, warum wir mahnen und warum wir künftig in einer veränderten Art und Weise mahnen wollen, in erster Linie ökonomischer Natur. Nachfolgend wollen wir diese Gründe kurz skizzieren:

  1. Pünktliche Rechnungszahlung ist die Grundlage dafür, dass Ihr Unternehmen den eigenen Verpflichtungen fristgerecht nachkommen kann. Nur, wenn die Kund*innen die Rechnungen wie vereinbart zahlen, können Sie Löhne und Gehälter pünktlich anweisen, Ihre Kredittilgungen leisten, Energiekosten begleichen, Mieten überweisen sowie Steuern und Sozialabgaben zahlen kann.
  2. Zahlungsziele muss Ihr Unternehmen vorfinanzieren. Wird dieser Finanzierungszeitraum durch die Kund*innen eigenmächtig verlängert, entstehen dadurch höhere Kosten. Das reduziert das Ergebnis und damit die Spielräume für die Verwendung dieser Mittel.
  3. Wenn Zahlungszielüberschreitungen dazu führen, dass Ihr Unternehmen selbst in Zahlungsverzug gerät, sinkt damit die Reputation und ggf. die Bonität Ihres Unternehmens. Das hat einerseits ggf. geringere Umsätze und andererseits höhere Kosten zufolge.
  4. Mahnprozesse sind keine Wert- sondern Kostentreiber. Höhere, vermeidbare Kosten bedingen geringere Preisgestaltungsspielräume des liefernden und leistenden Unternehmens. Entstehende Kosten müssen daher so gering als möglich gehalten werden.
  5. Mahnungen sind ein Gebot der Fairness. In der Regel zahlen mehr als 80 Prozent Ihrer Kunden pünktlich Ihre Rechnungen. Das sind die Kunden, die sicherstellen, dass Sie Ihren Verpflichtungen pünktlich und zuverlässig nachkommen können. Die Schlechtzahler dagegen erzeugen vermeidbaren Aufwand und vermeidbare Kosten. Diese werden i.d.R. aber im Zuge der Gemeinkostenverrechnung allen Kunden durch entsprechend höhere Preise auferlegt. Ist das fair?
  6. Zahlungsunfähigkeit ist der häufigste Grund, warum Unternehmen Insolvenz beantragen müssen. Um die Existenz Ihres Unternehmens zu sichern, dürfen Sie nicht den Kund*innen die Entscheidung überlassen, wann sie ihren Zahlungsverpflichtungen.

Ohne Ziel stimmt jede Richtung!

Aus dem WARUM können Sie sehr leicht Ziele für Ihr strukturiertes, differenziertes Mahnkonzept ableiten. Folgende Zielsetzungen lassen sich z.B. formulieren:

  1. Sicherstellung der Liquidität und der Zahlungsfähigkeit zu jedem Zeitpunkt. Dadurch Existenzsicherung des Unternehmens.
  2. Vermeidung bzw. Reduktion nicht wertschöpfender Aufwände und Kosten. Dadurch Gewinnung höherer Preisgestaltungsspielräume.
  3. Faire und möglichst partnerschaftlicher Umgang mit den Kund*innen. Dadurch Chance, Kund*innen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten aktiv zu helfen.

Auf dieser Grundlage können Sie Ihre unternehmensspezifischen Schwerpunkte setzen und nötige Differenzierungen und Konkretisierungen vornehmen.

Customer second: Sage, was Du tust und tue, was Du sagst!

Es genügt jedoch nicht, die internen Stakeholder zu beteiligen und „auf die Reise mitzunehmen“. Genauso wichtig ist es, Ihre Kund*innen einzubeziehen und sie zumindest aktiv zu informieren. Oft haben Unternehmen über Jahre und Jahrzehnte ihr Mahnverfahren in nahezu unveränderter Weise praktiziert. Wenn diese Unternehmen nun ihre Vorgehensweisen (ggf. grundlegend) ändern, kann das ihre Kund*innen überraschen. Der/die eine oder andere Kund*in rechnet/kalkuliert u.U. damit, dass ausstehende Beträge erst sehr spät und dann mehrfach mit längeren Fristsetzungen gemahnt werden.

Wir haben die gute Erfahrung gemacht, dass eine Information der Bestandskund*innen, insbesondere der A- und B-Kunden, mit genügend zeitlichem Vorlauf, die Umsetzung der neuen Prozesse erheblich beschleunigt und weitgehend reibungslos gestaltet. Wenn Sie bei dieser Vorab-Information den Kund*innen Ihre Beweggründe darlegen, werden Sie bei einem sehr großen Teil Ihrer Kund*innen Zustimmung ernten. Sie müssen immer bedenken: Der größte Teil Ihrer Kund*innen sind pünktliche Zahler.

Wie wir uns ein strukturiertes und differenziertes Mahnkonzept genau vorstellen, werden wir in den nächsten Veröffentlichungen erläutern.

EU Payment Observatory – the situation of late payments in EU member States

Die EU hat ihren Jahresbericht 2024 zum Zahlungsverhalten in den Mitgliedsstaaten veröffentlicht. Vorweg gesagt handelt es sich dabei allerdings um das Zahlungsverhalten, das im Jahr 2023 von Lieferanten und Dienstleistern wahrgenommen und erfahren wurde. Die Studie dazu wurde 2024 durchgeführt, die Ergebnisse wurden analysiert und der Bericht wurde veröffentlicht. Die Informationen sind also nicht sonderlich aktuell.

Entsprechend der ECB/EC SAFE Studie, berichteten 42 Prozent der österreichischen Unternehmen über verspätete Zahlungen ihrer Kunden. Im Vergleich zum Vorjahr handelt es sich um einen Anstieg in Höhe von 10 Prozent. Dieser Anstieg entspricht zwar dem EU-weiten Trend, im Vergleich stehen österreichische Unternehmen aber noch besser da als der europäische Durchschnitt. Und zwar ganze 5 Prozentpunkte.

Im B2B-Geschäft wurden Rechnungen im Jahr 2023 durchschnittlich nach 26 Tagen ausgeglichen (plus 1 Tag gegenüber 2022), während die Zahlungsdauer im G2B-Geschäft 34 Tage (keine Veränderung gegenüber 2022) betrug.

Der überwiegende Teil der Unternehmen (28 Prozent) sieht die am schlechtesten zahlenden Kunden im Kreis der Großunternehmen. Klein- und Mittelunternehmen folgen mit einem Anteil von 24 Prozent dicht dahinter, während Kleinstunternehmen „nur“ aus Sicht von 10 Prozent der Gläubiger zu den schlechtesten Zahlern gehören. Allerdings sehen auch 38 Prozent Gläubiger keinen signifikanten Unterschied im Zahlungsverhalten der unterschiedlich großen Unternehmen. Als Ursache für das schlechtere Zahlungsverhalten großer Unternehmen wird deren Verhandlungsmacht in der Durchsetzung langer Zahlungsziele zur Verbesserung des eigenen Cash-Flows vermutet.

Bei der Betrachtung der verschiedenen Wirtschaftssektoren schneiden „Energie und Bergbau“, „Transport“ sowie Versicherungen bei der durchschnittlichen Zahlungsdauer am schlechtesten ab. Erfreulicher schneiden dabei das „Gastgewerbe“ und die „Freizeitindustrie“ ab. Insbesondere die „Freizeitindustrie“ hat sich seit 2021 sehr positiv entwickelt und befindet sich im Zahlungsverhalten ungefähr wieder auf dem Niveau von 2019. Das „Gastgewerbe“ zeigt 2024 sogar noch ein verkürztes durchschnittliches Zahlungsverhalten gegenüber 2019.

Als Ursache für verspätetes Zahlen der Kunden geben 33 Prozent der Unternehmen Machtungleichgewichte/Machtdynamiken bei Schuldnern im B2B-Geschäft und 35 Prozent der Unternehmen bei Schuldnern im G2B-Geschäft an. Ein Jahr zuvor waren die Unterschiede wesentlich deutlicher. 2022 sahen 34 Prozent der Unternehmen diese Ursache im B2B-Geschäft, aber 47 Prozent im G2B-Geschäft.

Sehr überraschend geben 46 Prozent der Unternehmen administrative Ineffizienzen als Ursache für verspätete Zahlungen ihrer Kunden an. Noch überraschender ist allerdings, dass dies gegenüber dem Vorjahr bereits eine deutliche Verbesserung um sechs Prozentpunkte darstellt. Offensichtlich besteht nach wie vor ein sehr hoher Handlungsbedarf hinsichtlich der Optimierung und der Automatisierung von Verwaltungsprozessen in einer Vielzahl an Unternehmen.

Den vollständigen Bericht über das Zahlungsverhalten in Österreich, aber auch über das Zahlungsverhalten in den übrigen Ländern der EU, finden Sie unter:
EU Payment Observatory Report 2024

Die gute Nachricht zum Schluss: Verglichen mit den Durchschnittswerten in der EU, ist das Zahlungsverhalten der Kunden in Österreich noch sehr befriedigend: In der EU haben 2023 die Kunden im B2B-Bereich durchschnittlich nach 61,8 Tagen (26 Tage in Österreich) und im G2B- Bereich nach 69 Tagen (34 Tage in Österreich) gezahlt. Im Export wird dann schon etwas schwieriger werden.

Ein neuer Standard? Wird die Echtzeitüberweisung die bisherige „normale“ Überweisung ablösen?

Seit 09. Januar 2025 müssen Banken in der Europäischen Union, Echtzeitüberweisungen in Euro (also nicht in Fremdwährung; für diese soll die Echtzeitüberweisung aber schon 2027 umgesetzt werden) annehmen und verarbeiten können. Ab Oktober 2025 müssen alle Kreditinstitute dann auch anbieten, Geld in Echtzeit zu senden. Echtzeitüberweisung bedeutet, dass der Geldtransfer vom Absender bis zum Empfänger nicht mehr als 10 Sekunden dauern darf. Die Echtzeitüberweisung ist zwar nicht kostenlos, sie darf aber nicht mehr mehr kosten als die bisherige Standard-Überweisung.

Ist das nun der erste Schritt auf dem Weg, die Echtzeitüberweisung zum Kassenschlager zu machen?

Aus Sicht der Bankkunden könnte das gut so sein. Warum sollten Absender (Zahler) künftig auch nur einen Tag früher zahlen als erforderlich? Liquidität bleibt so länger auf dem eigenen Konto. Auch die Planung und das Controlling werden einfacher, weil zeitnäher. Aber: Das Geld wird sofort vom Konto abgebucht. Werden Fehler gemacht, können diese nicht mehr korrigiert werden. Eine entsprechende Sorgfalt ist also unabdingbar.

Was bedeutet diese Entwicklung für das Credit Management?

Auch im Credit Management sind auf Seiten der Gläubiger genauso wie auf der Seite der Schuldner positive Wirkungen zu erwarten. Schuldner können (wenn ihr Kreditinstitut das Senden einer Echtzeitüberweisung jetzt bereits anbietet) alle fälligen Rechnungen in der EU, die in Euro lauten, am Fälligkeitstag zahlen. Auch die Frage, ob die Fälligkeit auf ein Wochenende oder einen Feiertag fällt, ist künftig unerheblich. Die Echtzeitüberweisung funktioniert 365 Tage im Jahr rund um die Uhr. Also auch die Inhaber von Kleinbetrieben, die ihre Verwaltung oft abends erledigen, können auch noch nach Feierabend fristgerecht Geld anweisen. Mit der Echtzeitüberweisung sollten die recht häufigen Diskussionen, ob der Kunde rechtzeitig gezahlt hat oder aber nicht, der Vergangenheit angehören. Diese Diskussion dürfte sich besonders bei der Frage der fristgerechten Skontozahlung für alle Beteiligten positiv auswirken.

Entlastung dürfte die Echtzeitüberweisung auch bei Geschäften bringen, die Kunden, die sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befinden, die vorübergehend Liquiditätsengpässe aufweisen oder die ältere, fällige Außenständen haben. Bisher wurden solche Kunden sehr häufig auf Vorauskasse gesetzt. Dafür sollte es künftig keine Notwendigkeit geben. Bei einer Transferdauer von 10 Sekunden, können künftig die Geschäfte so abgewickelt werden, dass der Kunde bei Übergabe der Ware die Echtzeitüberweisung tätigt und der Verkäufer den Geldeingang sofort kontrollieren kann. Sowohl bei Kunden als auch beim Lieferanten/Dienstleister sollte sich das Ausfallrisiko in Richtung „null“ bewegen.

Wie sich die Nutzung der Echtzeitüberweisung tatsächlich entwickeln wird, werden wir im Verlauf des Jahres erleben. Wir sind gespannt.

„Mahnstrategie“: Übertrieben oder sinnvoll?

Wir kennen kein Unternehmen in Österreich, dass unbezahlte, überfällige Rechnungen nicht mahnt. Kein Handwerker, kein Händler, kein Industrieunternehmen, kein Dienstleistungsunternehmen und kein Freiberufler verzichtet freiwillig und ohne Not auf das ihm zustehende Geld. Daher versucht jeder dieser Gläubiger – auf die eine oder andere Art und Weise – an sein Geld zu kommen.

Die Aktivitäten und die Prozesse die dazu in den Unternehmen anzutreffen sind, erscheinen uns dabei so vielfältig, wie die Unternehmen selbst. Nicht selten wird viel Engagement gezeigt und ein hoher Aufwand betrieben, um die säumigen Zahler zur Begleichung der Rechnungen zu bewegen. Leider ist aber auch sehr häufig festzustellen, dass der damit verbundene Erfolg in einer eher schlechten Relation zum betriebenen Aufwand steht.

Von Experten wird daher oft der Rat erteilt, Unternehmen sollten eine Mahnstrategie erarbeiten und implementieren. Aber braucht es wirklich eine Strategie? Ist eine solche Strategie sinnvoll oder völlig übertrieben?

Um uns den Antworten auf diese Fragen zu nähern, sollten wir uns zunächst einmal anschauen, was unter einer Strategie zu verstehen ist. Das Gabler Wirtschaftslexikon definiert Strategie wie folgt: „Strategie wird definiert als die grundsätzliche, langfristige Verhaltensweise (Maßnahmenkombination) der Unternehmung und relevanter Teilbereiche gegenüber ihrer Umwelt zur Verwirklichung der langfristigen Ziele.“ So weit so gut. Wenn wir ein wenig tiefer ins Detail gehen, wird in einer Unternehmensstrategie festgelegt, in welchem Feld ein Unternehmen tätig ist oder künftig sein wird, welche Ressourcen, Wettbewerbsvorteile und Synergien es nutzen kann oder will, um seine langfristigen Zielsetzungen zu erreichen[1].

Klar, handelt es sich bei den Mahnaktivitäten eines Unternehmens immer um Maßnahmenkombinationen, die hoffentlich meist grundsätzlich festgelegt werden. Sie sollten auch ständig kurzfristig geändert, sondern eher langfristig verfolgt werden. Aber reicht das, um von einer Mahnstrategie zu sprechen? Der eine sagt so, der andere sagt so. Am Ende des Tages handelt es sich unserer Meinung nach um eine rein akademische Fragestellung. Aber, wir haben eine gewisse Präferenz dafür, die „Früchte begrifflich nicht so hochzuhängen“. Denn das eine oder andere oder andere kleine oder mittelständische Unternehmen[2] könnte sich alleine vom verwendeten Begriff davon abschrecken lassen, sich mit einigen grundsätzlichen Fragen zum eigenen Mahnverfahren auseinander zu setzen.

Wir neigen daher dazu, den Unternehmen zu empfehlen, ein unternehmensspezifisches, strukturiertes Konzept für das Mahnen ausstehender Rechnungen zu entwickeln und effiziente Prozesse zu implementieren, die schnell und zuverlässig die angestrebten Ergebnisse hervorbringen. Das ist das, was auch KMU regelmäßig machen und was sie gut beherrschen.

Und was gehört in ein solches Mahnkonzept hinein?

Zunächst einmal – und das wird leider sehr häufig vernachlässigt – sollte das Konzept klare, nachvollziehbare Aussagen darüber enthalten, warum Ihr Unternehmen in der Art und Weise mahnt, wie es mahnt. Ihre Stakeholder – intern wie extern – müssen nachvollziehen können, was Ihre Beweggründe sind, welche Notwendigkeiten bestehen und welche Ziele Ihre Maßnahmen verfolgen. Insbesondere, wenn Sie spürbare Veränderungen zu Ihren bisherigen Handlungsweisen vornehmen wollen, müssen Sie den Beteiligten immer zwei Fragen beantworten: „Warum machen wird das?“ und „Warum machen wir das jetzt?“

Auf diesem Fundament können und müssen Sie Ihr Konzept dann „weiterbauen“:

Legen Sie fest, welche Akteure, welche Aufgaben mit welchen Kompetenzen in Ihrem Mahnkonzept haben. Außerdem sollte das Konzept wesentliche Festlegungen hinsichtlich der zu implementierenden Prozesse beinhalten. Dazu zählen die Art und Weise, wie säumige Zahler gemahnt werden. Der Zeitpunkt bzw. die Zeitpunkte, wann Schuldner kontaktiert werden, sind ebenso zu regeln wie die Häufigkeit der Mahnungen.

Da nicht jeder Mahnvorgang per sé erfolgreich ist, muss Ihr strukturiertes Konzept auch klare Regelungen enthalten, wann und wie die eigenen (kaufmännischen) Mahnaktivitäten beendet und externe (juristische) Schritte eingeleitet werden.

Aber, nicht jede ausstehende, fällige Zahlung darf gemahnt werden. Manchmal haben Kunden auch sehr gute und nachvollziehbare Gründe, Rechnungen nicht zu begleichen (z.B. formale oder inhaltliche Fehler in der Rechnungsstellung, gravierende Qualitätsmängel mit unbearbeiteten Reklamationen). Aus diesem Grund muss Ihr Mahnkonzept auch Aussagen darüber treffen, wann und wie Mahnsperren eingerichtet werden dürfen, wie diese überprüft und ggf. wieder aufgehoben werden.

Und nicht zuletzt ist in einem Mahnkonzept zu regeln, welche Systeme für das Mahnen genutzt werden und wie die Mahnaktivitäten dokumentiert und archiviert werden müssen.

An diesen aggregierten Ausführungen sehen Sie bereits, dass ein strukturiertes, systematisches und differenziertes Mahnkonzept viele Gestaltungselemente besitzt. Wie Sie diese Gestaltungsmöglichkeiten für Ihr Unternehmen sinnvoll nutzen, darüber wollen wir in unseren folgenden Veröffentlichungen detaillierter informieren.

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[1] vgl. https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/strategie-43591/version-266920

[2] https://www.bmaw.gv.at/Services/Zahlen-Daten-Fakten/KMU-in-%C3%96sterreich.html#:~:text=Im%20Jahr%202022%20z%C3%A4hlten%20rund,mit%20weniger%20als%20zehn%20Besch%C3%A4ftigten.m „Im Jahr 2022 zählten rund 601.300 Unternehmen in der marktorientierten Wirtschaft zu den KMU , das sind 99,8 Prozent aller heimischen Unternehmen der marktorientierten Wirtschaft.“

Stell Dir vor, es ist eine Mahnung und keiner macht mit

In einer Veröffentlichung im November hat Walter Koch, Geschäftsführer der KSV1870 Forderungsmanagement GmbH, davon berichtet, dass das Zahlungsverhalten der Konsumenten über alles gesehen zwar nicht signifikant schlechter geworden ist. Er stellt aber auch fest, dass die Kommunikation mit Schuldnern sich verändert hat und der Ton rauer geworden ist.

Wir beobachten zusätzlich aber auch, dass die Schuldner zunehmend nicht mehr auf Mahnungen reagieren: Auf schriftliche Mahnungen gehen weder Zahlungen ein, noch antworten die säumigen Kunden in anderer Art und Weise. Auch wenn telefonisch gemahnt wird, sind die Reaktionen zunehmend -um es vorsichtig zu formulieren – verhalten. Teilweise antworten die Schuldner in Telefonaten auf Fragen nicht mehr. Wenn sie über die Konsequenzen des Nichtzahlens informiert werden, besteht die Antwort nicht selten aus Schulterzucken.

Für die schnelle Realisierung der Forderung, für die Sicherstellung der Liquidität auf der Gläubigerseite, ist das zuvor geschilderte Verhalten der Kunden natürlich kontraproduktiv. Das wirft die Frage auf, wie sich Lieferanten und Dienstleister positionieren sollten, um erstens vollständig und zweitens möglichst schnell an ihr Geld zu kommen.

Wenn beim Kunden der Zahlungsverzug eintritt, ist für die gerichtliche Geltendmachung des Gläubigeranspruchs keine vorherige Mahnung erforderlich. Ist die Zahlung fällig und es gibt keinen Zahlungseingang, darf der Gläubiger sofort auf Zahlung des Kaufpreises klagen.

Obwohl dieses juristisch geprägte Vorgehen unter Umständen die schnellste Art und Weise wäre, die bestehenden und berechtigten Forderungen vollständig zu realisieren, können wir das nicht generell empfehlen. Walter Koch zeigt z.B. Verständnis für die Schuldner, denn deren Schulden sich bedingt durch die Inflation verdoppelt oder gar verdreifacht haben. Wenn auf den Bankkonten der Schuldner am Monatsende ein dickes Minus verzeichnet ist, bringt das sofortige juristische Vorgehen das ausstehende Geld möglicherweise auch nicht schnell ins Haus.

Außerdem müssen wir stets daran denken, Schuldner sind in erster Linie Kunden. Und Kunden und deren Aufträge stellen für unsere Unternehmen die Existenzgrundlage dar. Welche Kunden würden uns Ihrer Meinung nach noch Aufträge erteilen, wenn wir sie bei Ausbleiben einer fälligen Zahlung sofort verklagen würden? Immerhin gibt es stets auch Kunden, die es schlicht und einfach versäumt bzw. vergessen haben die Rechnung rechtzeitig zu überweisen. Diese Kunden würden wir völlig unnötig verärgern, wir würden quasi „mit Kanonen auf Spatzen schießen“.

Den Dingen einfach ihren Gang zu lassen, nach dem Motto „irgendwann wird der Kunde schon zahlen“ ist allerdings auch keine empfehlenswerte Alternative.

Um unter den gegenwärtigen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen Forderungen schnell zu realisieren, bedarf es unserer Meinung nach eines differenzierten und strukturierten Konzepts für das betriebliche Mahnwesen. Das teilweise über Jahrzehnte gewachsene und selten grundsätzlich reflektierte Mahnwesen in vielen Unternehmen, erfüllt die Anforderungen an ein solches Konzept unserer Meinung nach oft nicht.

In unseren demnächst folgenden Veröffentlichungen werden wir Ihnen daher unsere Vorstellungen von einem solchen Konzept vorstellen.

Liquidität durch Factoring: Ein paar Denkanstöße

In unseren jüngsten Beiträgen haben wir versucht, Ihnen Factoring als Instrument zur Lösung von Ausfallrisiken und Liquiditätsengpässen näher zu bringen. Wir hoffen, es ist uns gelungen.

Damit Factoring für Sie die angestrebte Wirkung entfalten kann, ist es unerlässlich, dass Sie sich im Vorfeld über Ihre Anforderungen möglichst klarwerden. Nur die Klarheit Ihrer Anforderungen ermöglicht es Ihnen -mit Unterstützung durch einen Fachmann/eine Fachfrau, aus dem vielfältigen und hochkomplexen Angebotsspektrum die am besten passende Lösung für Sie auszuwählen.

WAS WOLLEN SIE ERREICHEN?

Werden Sie sich klar über die Ziele, die Sie erreichen möchten. Denn ohne Ziel stimmt jede Richtung. Factoring kann mit sehr unterschiedlichen Zielsetzungen eingeführt werden:

  • Wollen Sie lediglich eine flexible Finanzierung Ihrer Forderungen realisieren oder ist zusätzlich auch ein wirksamer Schutz vor potenziellen Forderungen für Sie wichtig?
  • Wollen Sie die eigene Bearbeitung Ihrer Kunden nach der Rechnungsstellung so weit als möglich reduzieren und das Debitorenmanagement vom Factor beziehen? Oder sind die Beziehung und der After-Sales-Kontakt zu Ihren Kunden das Letzte, dass Sie outsourcen würden?
  • Möchten Sie Ihre DSO dauerhaft reduzieren und dadurch den Cash Conversion Cycle nachhaltig verkürzen oder möchten Sie lediglich Ihre Bilanzkennzahlen zum Bilanzstichtag optimieren?
  • Dürfen/Sollen Ihre Kunden wissen, dass Sie Ihre Forderungen verkaufen oder sollen die Kunden möglichst nichts davon erfahren.

Zusätzlich zu den oben exemplarisch formulierten Fragen zur Factoringzielsetzung gibt es einige weitere Festlegungen, die Sie treffen müssen, damit Factoring die Effekte erzielt, die Sie anstreben.

Eine STRUKTURIERTE und ERFAHRUNGSGESTÜTZTE VORGEHENSWEISE ist unerlässlich

Wenn Sie Factoring in einem überschaubaren zeitlichen Rahmen realisieren und den eigenen Aufwand dabei  „im Rahmen“ halten wollen, ist eine systematische und strukturierte Herangehensweise unerlässlich. Dabei ist es wenig hilfreich, völlig unbedarft an die Sache heranzugehen und „Experimente zu machen“.

Damit in vertretbarer Zeit der passende Factor gefunden und die Factoringlösung implementiert werden kann, ist eine gründliche Analyse unerlässlich. Die Debitorenstruktur, die Alters- und Risikostruktur der Forderungen, Rechnungsstellungs- und Reklamationsprozesse etc. müssen dabei sehr genau betrachtet werden. Von einer solchen Analyse ist es abhängig, welcher Forderungsbestand bzw. welcher Ausschnitt aus dem Forderungsportfolio dem Markt angeboten wird. Je besser dieses Portfolio „passt“, umso schneller und treffender lassen sich Anbieter und Angebote finden, die den Anforderungen des Forderungsverkäufers genügen.

In der Regel münden die Anforderungen in einem Ausschreibungstext und -verfahren, in das nach einer gemeinsamen Vorauswahl (von Verkäufer und Berater) die Anbieter einbezogen werden, die einerseits die Anforderungen des Forderungsverkäufers an den potenziellen Käufer weitgehend erfüllen. Andererseits ist es natürlich entscheidend, dass die Factoringanbieter auch das Produkt- und Leistungsportfolio aufweisen, das den Zielen des Verkäufers weitgehend entspricht.

GUTE VORBEREITUNG ist zwar nicht alles, aber oft die HALBE MIETE.

Factoringinstitute kaufen Forderungen nicht ohne genaue Prüfung des zu erwerbenden Portfolios und des Verkäufers an. Auf diese Prüfung kann und sollte sich der Forderungsverkäufer vorbereiten. Reports und Analysen können vorbereitet werden, so dass Fragen zur Debitorenstruktur und zum Forderungsportfolio quasi sofort auf einem aktuellen Stand ausgewertet und beantwortet werden können.

Die Zeit, bis Interessensbekundungen bzw. Angebote eingehen und danach verglichen werden, sollte auch genutzt werden, um interne Prozesse wie Bonitätsprüfung, Forderungsabsicherung, Mahnung, Reklamationsbearbeitung etc. zu prüfen, zu optimieren und Prozessbeschreibungen zu vervollständigen.

Je besser der Verkäufer auf die Fragen des Käufers vorbereitet ist, umso schneller liegen entscheidungsreife Angebote vor.

Wichtig bei der Umsetzung des Factoring ist auch die Integration des wiederkehrenden Verkaufs- und Abrechnungsprozesses in die IT-Landschaft des Verkäufers. Nur dann, wenn der Ankauf und die Abrechnung der Forderungen weitgehend automatisiert abgewickelt werden können, ist ein effizientes Handling bei beiden Vertragspartnern möglich. Informationen zu Realisierung der Schnittstellen können zusammengetragen, Ressourcen zur Realisierung eingeplant und erste vorbereitende Arbeiten bereits ausgeführt werden.

Der Forderungsverkauf wird einige Debitorenprozesse verändern. Das wird sowohl die Mitarbeitenden als auch die Kund:innen tangieren. Mitarbeitende können bereits auf diese Veränderungen vorbereitet und geschult werden. Die Information und die Kommunikation mit den Kund:innen kann bereits abgestimmt und organisiert werden.

Ferner ist zu beachten, dass ggf. einige interne und/oder externe Stellen in die Entscheidungsfindung und Genehmigung involviert sein können. Regelmäßig sind Gesellschafter, Anwälte und Wirtschaftsprüfer zu konsultieren. Je früher und konkreter hier die Einbeziehung erfolgt, umso eher kann die Entscheidungsfindung und Genehmigung erfolgen.

WAS KANN ERREICHT WERDEN?

Wenn Sie die Auswahl und die Einführung mit erfahrenen Experten vornehmen, sind folgende Ergebnisse sehr wahrscheinlich:

  • Regelmäßige Liquiditätszuflüsse im angestrebten Rahmen
  • Absicherung der Forderungen/Kunden, die Sie benötigen
  • Effiziente laufende Abwicklung der Verkaufs-, Prüfungs- und Abrechnungsprozesse
  • Einhaltung aller steuerlichen und bilanzrechtlichen Vorschriften
  • Verbesserung relevanter Unternehmenskennzahlen
  • Verbesserung der Kundenbeziehung
  • Steigerung der Flexibilität hinsichtlich der Kundenanforderungen an Zahlungsziele
  • Verbesserung der Beziehung zu Lieferanten durch pünktliche Zahlung
  • vermehrte Skontoausnutzung

FAZIT

Factoring kann helfen, aktuelle Herausforderungen besser zu meistern. Sie benötigen dazu erfahrene Partner und erprobte, strukturierte Vorgehensweisen. Wenn Sie solche Partner suchen, können Sie u.a. hier im Kreis unserer Mitglieder fündig werden.

Hauptsache „flüssig“ bleiben

Die Creditreform rät in ihrem Newsletter am 11. November 2024 kleinen und mittelständischen Unternehmen, beim Bemühen um Stabilität und Existenzsicherung des Unternehmens, ein großes Augenmerk auf die Liquidität und die Liquiditätsplanung zu legen. Ausreichende Liquidität gewährleistet die eigene Fähigkeit, fällige Verbindlichkeiten pünktlich zu bedienen. Das Risiko, wegen Zahlungsunfähigkeit eine Insolvenz beantragen zu müssen, wird dadurch verringert.

Aber, es ist nicht so einfach „flüssig zu bleiben“. Kunden finden zunehmend Vorwände und Ausreden, um Rechnungen nicht pünktlich zu zahlen. Auf Mahnungen reagieren sie erst einmal nicht und hoffen, eine „Vogel-Strauß-Politik“ (Kopf in den Sand stecken) würde ihnen helfen. (Leider tut sie das auch, weil viele Lieferanten und Dienstleister zu zögerlich [also zu spät, in zu großen Abständen] und zu oft in untauglicher Weise mahnen.)

Bei den anhaltend zunehmenden Insolvenzen und den gleichzeitig wachsenden Schadensbeträgen, wächst das Risiko, dass Kundeninsolvenzen ein großes Loch in die Liquidität reißen. Wenn dann die Kreditlinien bei der Bank ausgereizt sind, kann es tatsächlich eng werden.

Was tun? Gefahr erkannt, Gefahr gebannt!

Das Beste ist, bezogen auf die Liquidität, stets genügend „Wasser unter dem Kiel zu haben“. Also: Besser die Liquidität „nicht auf Kante nähen“ und sicherstellen, dass Ihr Geld nicht auf den Bankkonten und in den Kassen Ihrer Kunden liegt, sondern bei Ihnen in Ihrem Verwendungsbereich. Aber wie schaffen Sie das, wo Sie doch sowieso gerade einen Personalmangel im Finanzbereich haben und Ihre Mitarbeitenden jetzt schon mehr Arbeit haben, als sie dauerhaft bewerkstelligen können?

Factoring: Die eierlegende Wollmilchsau zur Lösung der Liquiditäts- und Forderungsausfallprobleme?

Factoring[1] ist der regelmäßige Verkauf von Forderungen aus Lieferungen und Leistungen an einen Factor (Factoring-Institut). Im Gegenzug erhält das Unternehmen, das seine Forderungen verkauft, 80 bis 90 Prozent des Kaufpreises sofort, den Rest nach vertraglicher Vereinbarung. Auf diese Weise kann das Unternehmen, dass seine Forderungen verkauft, seinen Zufluss an liquiden Mitteln verstetigen und absolut planbar gestalten.

Obwohl bereits diese Verstetigung und Beschleunigung der Liquidität einen nennenswerten Vorteil für die Forderungsverkäufer darstellen, wird das Finanzierungsinstrument Factoring aus unserer Sicht -gerade bei Klein- und mittelständischen Unternehmen- noch zu selten für die Aufnahme in den Finanzierungsmix in Betracht gezogen und ernsthaft geprüft. Die Factoringbranche verzeichnet zwar Jahr für Jahr signifikante Zuwächse, das Wissen um die Möglichkeiten des Factoring ist bei den potenziellen Kunden bzw. Nutzern, nach unserer Wahrnehmung noch nicht in ausreichendem Maße vorhanden. Wir halten Factoring für ein Finanzierunginstrument, das vielen Unternehmen unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen helfen könnte, die damit verbundenen Herausforderungen zu bewältigen. Daher wollen wir Ihnen diese Form der Finanzierung ein wenig näher bringen.

Durch den Verkauf der Forderung an das Factoring-Institut, geht das Forderungsausfallrisiko auf den Käufer, also auf den Factor, über. Wenn die Forderung also vom Factor angekauft wurde, müssen Sie sich um den Ausfall (und den damit möglicherweise verbundenen Schaden) keine Sorgen mehr machen. Sollte ein Ausfallschaden eintreten, so trifft der den Factor und nicht Sie. Das Delkredererisiko geht durch den Verkauf vollständig auf den Käufer über.

Der Verkauf hat neben der Risikoreduktion und der gewonnenen Liquidität möglicherweise aber einen weiteren Vorteil für Sie. Der Verkauf der Forderung bewirkt zunächst, dass Sie Ihren Forderungsbestand reduzieren und im Gegenzug den Wert im Bereich Bank bzw. Kasse um den gleichen Betrag erhöhen. Dieser Aktivtausch führt bereits zu einer ersten Verbesserung einer Ihrer Unternehmenskennzahlen: Der Cash-Conversion-Cycle wird besser. Er verkürzt sich exakt um die Reduktion der Forderungslaufzeit, die durch das Factoring erzielt wird.

Exkurs:
Der Cash-Conversion-Cycle (CCC) beschreibt die Geldumschlagsdauer. Er misst die Kapitaleffizienz eines Unternehmens, in dem die Dauer, bis eine Investition wieder zur freien Liquidität wird, ermittelt wird. Der Cash-Conversion-Cycle berechnet sich aus DSO (Days Sales Outstanding = Forderungslaufzeit oder Außenstandsdauer), den DPO (Days Payables Outstanding = Kreditorenlaufzeit) und den DIO (Days Inventory Outstanding). Die Formel lautet: CCC = DSO + DIO – DPO

Wenn Sie die „gewonnene“ Liquidität nun nutzen, um Verbindlichkeiten zu reduzieren und Lieferantenrechnungen zu begleichen, verringert sich dadurch Ihre Bilanzsumme. Und dies hat für Sie den positiven Effekt, dass sich Ihre Eigenkapitalquote verbessert (und zwar ohne tatsächlich dem Unternehmen mehr Eigenkapital zur Verfügung zu stellen). Die Eigenkapitalquote ist eine der wesentlichen Kennzahlen, die u.a. dafür maßgeblich sind, wie Ihre Bonität beurteilt wird und zu welchen Konditionen Sie Fremdkapital aufnehmen können.

Einen nicht unerheblichen, einmaligen Effekt für Ihre Liquidität können Sie dann erzielen, wenn der Factor bereit ist, Ihren factorablen bereits vorhandenen Forderungsbestand anzukaufen. Das hebt Ihre Liquiditätsausstattung mit einem Schlag auf ein höheres Niveau.

Factoring kann Ihnen darüber hinaus  eine ganze Reihe weiterer Vorteile bieten:

  • Verlässliche und sichere Finanzplanung
  • Größerer finanzieller Handlungsspielraum
  • Spielraum zur Einräumung längerer Zahlungsziele gegenüber Debitoren
  • Erhöhung der Eigenkapitalquote
  • Besseres eigenes Rating/eigene Bonität durch optimierte Bilanzstruktur
  • Sicherheit durch Schutz vor Zahlungsausfällen aufgrund Delkredereabsicherung der Debitoren
  • Bessere Möglichkeiten Skonto-, Rabatt- und Boni-Angebote zu nutzen
  • Mehr Unabhängigkeit von Banken

Bei all diesen Vorteilen, wo ist der Haken?

Der Haken, wenn Sie es so nennen möchten, findet sich in dem Umstand, dass Sie die beschriebenen Vorteile nicht zum Nulltarif erhalten können; sie kosten (und das dürfte Sie nicht wirklich überraschen) Geld. Die spannende Frage ist: Wie viel kostet das? und Ist der Nutzen des Factoring spürbar größer als die damit verbundenen Kosten? Um diese Fragen konkret für Ihr Unternehmen zu beantworten, müssen die spezifische Situation Ihres Unternehmens und die Struktur Ihrer Debitoren, analysiert und bewertet werden. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass sich die Finanzierungsgebühren (Zinsen für den vom Factor gezahlten Kaufpreis der Forderungen für die Dauer bis zum tatsächlichen Zahlungseingang) in der Regel etwas unter dem marktüblichen Zins für Fremdkapital bewegen und die Kosten für die Verlagerung des Delkredererisikos auf den Factor ebenfalls konkurrenzfähig zu Versicherungsgebühren für eine Warenkreditversicherung sind. Ob eine Entscheidung für Factoring sich für Sie lohnt, das hängt von vielen Faktoren ab. Es lohnt sich für Sie aber auf jeden Fall, sich ein individuelles Angebot unterbreiten zu lassen.

Wie kann ich Factoring schnellstmöglich realisieren?

Wenn Sie im Factoring den letzten Strohhalm sehen, um nicht für Ihr eigenes Unternehmen Insolvenzantrag zu stellen, dann müssen wir Sie wahrscheinlich enttäuschen. Entgegen der landläufig oft vertretenen Aussage, Factoring würden nur Unternehmen durchführen, denen „das Wasser bereits bis zum Hals steht“, ist für das Factoring wichtig, dass das Unternehmen, das die Forderungen verkauft, eine eher gute Bonität besitzt. Deshalb raten wir Ihnen, früh- bzw. rechtzeitig tätig zu werden.

Da in den letzten Jahren das Factoringangebot in mehrfacher Hinsicht zugenommen hat (u.a. Zahl der Angebote, wachsende Anzahl Factoringarten, zunehmende Eignung für unterschiedliche Branchen), ist es unserer Meinung nach ratsam, sich bei der Anbieter- und Produktauswahl von ausgewiesenen Experten, durch spezialisierte Makler für Kreditversicherungen, Bürgschaften, Factoring etc., unterstützen zu lassen. Nach unserer Erfahrung ist das Engagement dieser Berater für die Factoringkunden kostenfrei, sie erhalten Provisionen für die vermittelten Aufträge von den Factoringinstituten.

Alle, die vor der Kontaktaufnahme mit Maklern oder Anbietern noch Informationen über die Vorgehensweise bei der Realisierung von Factoring wünsche oder benötigen, können in unserem nächsten Beitrag dazu ein wenig mehr erfahren.

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[1] Factoring ist in Österreich ein Bankgeschäft im Sinne des Bankwesengesetzes (BWG). Gemäß § 1 Abs 1 Z 16 BWG wird Factoring als „der Ankauf von Forderungen aus Warenlieferungen oder Dienstleistungen, die Übernahme des Risikos der Einbringlichkeit solcher Forderungen – ausgenommen die Kreditversicherung – und im Zusammenhang damit der Einzug solcher Forderungen (Factoringgeschäft)“ definiert.; Quelle: https://www.factoring-verband.at/factoring-verband/rechtliche-rahmenbedingungen/; zugegriffen 21.11.2024